Konsolidierungswelle steht bevor: Die durchschnittliche EBIT-Marge von 14 globalen Automobilherstellern sinkt im Jahr 2024 auf nur noch 6,3% (2023: 8,0%). Die operativen Gewinne der Hersteller fallen gesamthaft um über 20%. Die höchsten Gewinne und Profitmargen kann Toyota verbuchen.
Die globalen Automobilhersteller zeigen uneinheitliche Absatztrends: Die größten Absatzsprünge machen jedoch die chinesischen Herstellergruppen BYD und Geely, die in die Top-10 der absatzstärksten Hersteller aufsteigen. Trotz rückläufiger Verkäufe bleibt Toyota mit deutlichem Abstand vor Volkswagen größter Automobilhersteller.
Die globale Automobilindustrie steht vor einer breiten Konsolidierungswelle, die auch etablierte Unternehmen unter erheblichen Transformationsdruck setzt. Wichtige Indikatoren sind die insgesamt rückläufigen Gewinne und Profitmargen der wichtigsten 14 globalen Automobilhersteller im Gesamtjahr 2024. Die branchenweite EBIT-Marge sinkt auf nur noch 6,3% im Vergleich zu 8,0% des Vorjahres. Die kumulierten operativen Gewinne brechen um 20,7% ein. Die globalen Absatzzahlen und Umsätze der betrachteten OEMs stagnieren im Mittel der Konzerne. Allerdings zeichnen sich Gewinner und Verlierer ab. So rücken die chinesischen Automobilkonzerne BYD und Geely in die Top-10 der absatzstärksten Hersteller auf. Sie erzielen Gewinne, wenngleich ihre Profitmargen jedoch (noch) unterdurchschnittlich sind. Viele etablierte Automobilhersteller haben mit sinkenden Profiten zu kämpfen, während sich bei einigen Unternehmen wie Nissan die finanzielle Lage zuspitzt. Das sind die zentralen Erkenntnisse einer aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM).
Globale Absatztrends der Automobilhersteller
Mit deutlichem Abstand bleibt Toyota der absatzstärkste globale Automobilhersteller mit 10,7 Mio. Pkw vor Volkswagen (8,7 Mio.) und der Hyundai Group (7,2 Mio.) sowie Stellantis und GM. Dabei weisen 10 der 14 wichtigsten Automobilhersteller rückläufige Pkw-Verkäufe auf. Die deutlichste Absatzrückgänge 2024 verzeichnen Stellantis (-8,7%), Honda (-6,1%) sowie BMW (-4,1%) und Toyota (-3,6%). Auch die weiteren deutschen Hersteller VW Group und Mercedes verbuchen Absatzrückgänge von 2,3 bzw. 2,1%.
Herausragende Absatzgewinner sind die chinesischen Herstellergruppen BYD und Geely: BYD verkauft mit einem Plus von 42% nunmehr 4,3 Mio. Fahrzeuge und steigt zum siebtgrößten Automobilkonzern der Welt auf. Geely kann seiner Verkäufe um 20% steigern und kommt erstmals auf Rang 10 der absatzstärksten Hersteller. Leichte Zugewinne erzielen ferner Ford und Renault (jeweils 1,3%) (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1: Fahrzeugauslieferungen globaler Automobilhersteller in Millionen Einheiten (2024–2022)
EBIT-Trends und Profitmargen von globalen Automobilherstellern
Der operative Gewinn der ausgewählten Automobilhersteller geht insgesamt im Jahr 2024 massiv um 20,9 % zurück. Besonders signifikante Rückgänge sind bei Stellantis (-82%), Nissan (-75%), BMW (-38%), Mercedes (-31%) und Tesla (-20%) festzustellen. Die stark rückläufigen Profite haben bei den Herstellern bereits zu erheblichen Kosteneinsparprogrammen geführt.
Entgegen dem allgemeinen Abwärtstrend können die Geely Gruppe (+48%) sowie General Motors (+37,5%) sowie Honda ihr operatives Ergebnis (19%) deutlich bzw. Renault (3,5%) und BYD (1,1%) leicht verbessern. Geely kommt auf einen EBIT von umgerechnet rund 3,75 Mrd. Euro (inkl. des geschätzten Ergebnisses von Polestar auf Basis von drei Quartalen). Den höchsten Gewinn erzielt trotz Rückgängen Toyota mit einem EBIT von umgerechnet 29,3 Mrd. Euro. Mit deutlichem Abstand folgen Volkswagen und Hyundai mit 19,1 bzw. 18,3 Mrd. Euro.
Im Jahr 2024 sinkt das durchschnittliche EBIT (in Prozent vom Umsatz) der global führenden Automobilhersteller auf 6,3 % und liegt damit deutlich unter den Vorjahreswerten (8,0 % in 2023), was einem Rückgang von 20,5 % entspricht. Starke Rückgänge verbuchen die Premiumhersteller Mercedes und BMW, deren Marge um 27 bzw. 32% sinkt. Aber auch bei Tesla sinkt die Profitmarge um 21% auf jetzt 7,2%. Besonders massiv ist der Margenverfall von Stellantis von 11,8% im Vorjahr auf 2,6% im Jahr 2024 (-78%) bzw. bei Nissan (-74%). Dagegen können General Motors und Honda ihre EBIT-Margen entgegen dem Trend leicht auf 6,8 bzw. 6,6% steigern. Besonders stark ist der Zuwachs bei Geely (+31%), die auf eine Profitmarge von 5,5% kommen.
Die höchste EBIT-Marge der absatzstärksten Hersteller erzielt Toyota mit 10,3% vor Hyundai (9,5%) sowie den deutschen Premiumherstellern Mercedes (9,3%) und BMW (8,1%). Eine überdurchschnittliche EBIT-Marge können auch Renault (7,6%) und Tesla (7,2%) erzielen. Bei allen genannten Herstellern sind die Profitmargen jedoch rückläufig (Abb. 2).
Dagegen liegen die Profitmargen von Volkswagen mit 5,9% sowie von Geely (5,5%) und BYD mit 5,0% (Schätzung) unter dem Durchschnitt der ausgewählten Automobilhersteller. Sehr geringe EBIT-Margen von unter 3 Prozent erzielen Ford, Stellantis und Nissan. Bei Nissan bricht die Marge von 4,6 auf nur noch 1,2% ein.
Abbildung 2: EBIT globaler Automobilhersteller in Milliarden EUR (2024–2023)
Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Automobilindustrie steht am Vorabend einer großen Konsolidierungswelle. Ein Amalgam aus ökonomischen Wachstumsschwächen und unsicheren Rahmenbedingungen in Kernmärkten sowie die großen technologischen Transformationsherausforderungen mit einer hohen Wettbewerbsintensivität von neuen Akteuren wird in den nächsten Jahren das Gesicht der Automobilindustrie massiv verändern. Abzulesen ist diese Entwicklung in sinkenden Gewinnen und Profitmargen der Automobilhersteller im Jahr 2024, die bei vielen Unternehmen bereits zu breiten Effizienzprogrammen geführt haben.
In den nächsten Jahren wird ein darwinistischer Ausleseprozess in Gang kommen, in dem einige Unternehmen ausscheiden bzw. ihre Unabhängigkeit verlieren. Dies gilt sowohl für Newcomer im Bereich der Elektromobilität als auch für einige etablierte Automobilhersteller und Automobilzulieferer. Es gilt Ausschau zu halten nach strategischen Allianzen, da nicht wenige Unternehmen die weiterhin notwendigen hohen Investitionsausgaben für technologischen Wandel rund um Elektromobilität, Software-definierte Fahrzeuge sowie automatisiertes Fahren nicht mehr allein werden stemmen können. Innovation, Geschwindigkeit sowie Kosteneffizienz und Flexibilität sind dabei wichtige Attribute einer erfolgreichen Zukunft.“
Über das CAM:
Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.
Das Angebot rein elektrischer Modelle in Deutschland wächst im Jahr 2024 auf nunmehr 134 Fahrzeuge (Stand Ende September 2024), eine Zunahme 19 Modelle im Vergleich zum Vorjahr.
Anschaffungspreise für Elektrofahrzeuge sind gestiegen: Der Durchschnittspreis für ein BEV (volumengewichtete Listenpreise) steigt zum Vorjahr jedoch um 3.976€ auf 56.669€, vor allem aufgrund der Zunahmen im Segment der mittleren SUVs.
Verbrenner bleiben in Deutschland preislich im Vorteil gegenüber Elektrofahrzeugen, auch für chinesische Hersteller gelten hier keine Ausnahmen.
Während in Deutschland die Preise für BEVs über alle Modellvarianten hinweg steigen, sinken sie in China kontinuierlich.
Mit dem derzeit verfügbaren Modellangebot in Deutschland ist ein schneller Markthochlauf der Elektromobilität nur schwer realisierbar. Zwar steigt die Zahl der batterieelektrischen Fahrzeugmodelle im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr 134 Modelle an (Gesamtjahr 2023: 105 Modelle). Allerdings machen SUVs über die Hälfte (56,7% bzw. 73 Modelle) aus, während sich das Modellangebot in den für den Hochlauf wichtigen Fahrzeugklassen Minis und Kleinwagen reduziert. Gleichzeitig steigen die Anschaffungspreise für E-Autos. Der an den Neuzulassungen gewichtete durchschnittliche Fahrzeugpreis (Listenpreis ohne Sonderausstattung & Aktionspreise) erhöht sich im Vergleich zum Gesamtjahr 2023 um 3.976 € bzw. 7,5% auf 56.669 € (brutto, ohne Abzug der Förderung). Im Mittel steigen jedoch sowohl die Reichweite der Modelle auf 463 km (WLTP) als auch die Ladeleistungen auf 156 kW.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Electromobility Report 2024/2025 des Center of Automotive Management (CAM), der im dritten Jahr in Folge die Modellangebote in Deutschland und China analysiert. Für China lag der Fokus dabei auf den 25 meistverkauften EV-Modellen von Januar bis August. Nach 9 Monaten des Jahres 2024 haben vollelektrische Antriebe in Deutschland mit knapp über 274.810 Neuzulassungen (-29% zum Vorjahr) einen Anteil von rund 13% (17%). Für das Jahr 2025 erwartet das CAM eine erhebliche Belebung der Marktdynamik von Elektrofahrzeugen aufgrund der verschärften CO2-Flottengrenzwerte in der EU. Gleichzeitig wird mit einer deutlichen Senkung der Neuwagenpreise gerechnet.
Auf Basis einer Marktsegmentanalyse des gesamten Angebots von 134 Elektromodellen in Deutschland ergibt sich ein weiterer Anstieg der Anschaffungspreise für BEV, der gewichtet nach Verkaufsvolumen im Mittel auf 56.669 € (+7,5%) steigt. Der Preis für die Einstiegsmodelle liegt im gewichteten Mittel in Deutschland bei 47.209 € (+3,8% zu 2023).
Ein Grund für den Anstieg der volumengewichteten Durchschnittspreise liegt im wachsenden Angebot an SUVs und dem Rückgang kleinerer Modelle. SUVs sind im Schnitt höherpreisig als Minis oder Kleinwagen und dominieren den Markt mit einem Anteil von knapp 56,6% an den BEV-Neuzulassungen. Die mittleren SUVs stellen mit 121.261 verkauften Einheiten fast 46% dieses Segments, im Jahr 2023 waren es 43% (Jan.-Nov.). Besonders beliebt sind Modelle wie das Tesla Model Y und der Skoda Enyaq, die durch Raumangebot und Übersicht überzeugen. Insgesamt ist die Zahl der Elektro-SUVs im Vergleich zum Vorjahr von 48 auf 73 BEV-Modelle gestiegen.
Die Zahl der elektrischen Minis und Kleinwagen ist hingegen von 12 auf 7 Modelle gesunken, Modelle wie der Renault Zoe und der Smart Fortwo wurden eingestellt. Der Marktanteil in diesen Segmenten liegt nur bei 7,3 % an den BEV-Neuzulassungen (Jan-Sept.). Die Kompaktklasse bleibt preisstabil zum Vorjahr und kommt mit weiterhin 11 Modellen auf einen BEV-Neuzulassungsanteil von 16,7% nach drei Quartalen des Jahres 2024.
Abbildung 1: Durchschnittspreise (volumengewichtete Listenpreise) nach Segment in Deutschland (Q1-Q3 2024)
Verbrenner sind günstiger als Elektrofahrzeuge – auch bei den chinesischen Herstellern
Die Anschaffungspreise von reinen Elektromodellen sind Unterschied zu den Benzin- und Dieselfahrzeugen sind noch deutlich teurer. Das zeigt der Vergleich der Listenpreise der günstigsten Einstiegsmodelle nach Antriebsart als auch die volumengewichteten Durchschnittspreise von ausgewählten Herstellern (ohne PHEV). Besonders groß ist der Unterschied bei der MB Group und der VW Group: Bei der MB Group liegt die Differenz bei etwa 16.000 €, bei der VW Group bei rund 14.000 € (siehe Abbildung 2). Stellantis weist eine Differenz von knapp 9.000 € auf, während BMW bei den Einstiegsmodellen beider Antriebsarten nahezu gleiche Preise hat. Hier wirkt sich insbesondere die Marke MINI aus, die mit dem Mini Cooper ein günstiges Elektro-Modell im Portfolio hat. Bei chinesischen Herstellern, die auf dem deutschen Markt aktiv sind, bleibt die Differenz zwischen einem Einstiegs-ICE und einem Einstiegs-BEV mit etwa 13.000 € weiterhin hoch.
Abbildung 2: Vergleich der Einstiegspreise nach Antriebsart und volumengewichteter Durchschnittspreis (Jan-Sept 2024)
Weiter hat das Center of Automotive Management den volumengewichteten Durchschnittspreis der jeweiligen Antriebsarten analysiert. Das oben beschriebene Preisbild bestätigt sich auch hier: Bei allen betrachteten OEMs liegen die Preise für Elektrofahrzeuge über denen der Verbrenner, auch wenn die Preisabweichungen variieren. Besonders groß ist die Preisspanne bei der VW Group, was teils auf hohe Verkaufszahlen günstiger Verbrennermodelle wie dem Skoda Fabia, VW Golf, Polo und Taigo zurückzuführen ist (zusammen 152.336 Einheiten). Dagegen wurden im selben Zeitraum nur 89.631 BEVs der VW Group verkauft. Bei Stellantis und chinesischen Herstellern nähern sich die Preise der Antriebsarten allmählich an – hier liegt die Differenz bei etwa 4.000€.
Elektrofahrzeugmodelle in China werden günstiger – in Deutschland steigen die Preise hingegen Die Anschaffungspreise spielen für den Markthochlauf der Elektromobilität eine entscheidende Rolle. Das veranschaulicht der Vergleich des rückläufigen deutschen Marktes und des stark wachsenden chinesischen Marktes in den Jahren 2023 und 2024 mit den 15 zulassungsstärksten Modellen. In China sind die Preise im Schnitt um rund 5 % gesunken – dies gilt sowohl für Einstiegs- als auch für Topmodelle. In Deutschland hingegen stiegen die Preise der zulassungsstärksten Modlelle im Durchschnitt um mehr als 10,6 %, wobei die Preiserhöhung bei Einstiegsmodellen 6,5 % und bei Topvarianten 14,5 % beträgt.
Abbildung 3: Preisveränderung der 15 meistverkauften BEV-Modelle in China und Deutschland (2023-2024)
Demgegenüber sind die Reichweiten der BEV-Modelle deutlich gestiegen. Im Mittel kommen die 134 derzeit in Deutschland angebotenen Modelle auf eine WLTP-Reichweite von 438 km (Einstiegsvarianten) bis 490 km (Top-Varianten). Auch die Ladeleistung liegt mit Mittel zwischen 139 (Einstiegsvariante) und 173 kW (Top-Varianten).
Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Während sich die Reichweite und Ladeleistung von Elektromodellen relativ gut entwickeln, krankt der Markthochlauf der Elektromobilität in Deutschland wesentlich an wettbewerbsfähigen Anschaffungspreisen im Vergleich zu Verbrennern. Der weitere Preisanstieg von Elektromodellen ist Gift für die neue Marktphase der Elektromobilität, bei der nach den technikaffinen Early Adoptern nunmehr Kundensegmente mit kleinerem Geldbeutel adressiert werden müssen. In den nächsten Monaten ist mit einer deutlichen Reduzierung der Anschaffungspreise bzw. mit hohen Sonderkonditionen und Rabatten zu rechnen, da die Hersteller ihre Elektrofahrzeugabsätze in Europa deutlich erhöhen müssen, um die sich verschärfenden CO2-Flottenziele zu erreichen. Insgesamt wird für die Automobilhersteller die Reduzierung der Herstellkosten von Elektrofahrzeugen ein zentraler Erfolgsfaktor, zumal die globalen Marktführer Tesla und BYD und weitere chinesische Hersteller bereits auf einer deutlich besseren Kostenbasis agieren.“
Über den Electromobility Report:
Der CAM Electromobility Report analysiert regelmäßig die aktuellen Markt-, Absatz- und Innovationstrends der Elektromobilität in wichtigen Kernmärkten (z.B. China, USA, Europa und Deutschland). Gleichzeitig werden die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Markthochlauf der Elektromobilität empirisch beleuchtet. Die Untersuchung konzentriert sich auf reine Batteriefahrzeuge (BEV) und Plug-In-Hybride (PHEV).
Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.
Die globale Marktpositionierung der Automobilhersteller zeigt dynamische Marktveränderungen mit einer zunehmenden Dominanz von China. Chinesische OEMs steigern ihre Marktanteile im Heimatmarkt und nehmen zunehmend internationale Märkte in den Fokus.
Die höchsten weltweiten Wachstumsraten zum Vorjahr weisen im Vergleich der 30 untersuchten Automobilgruppen die chinesischen Automobilhersteller BYD (62%), Chery (52%) und GAC (38%) auf.
BYD schafft es als erster chinesischer OEM in die Top 10 der volumenstärksten globalen Autokonzerne (3,0 Mio.) und kann den Marktanteil in China von 2019 bis 2023 von 2,1 auf 12,5% erhöhen, wobei der Elektroautobauer bereits 10% seiner Verkäufe im Ausland realisiert.
Der chinesische Marktführer VW Group verliert dagegen im gleichen Zeitraum in China rund 5% seines Marktanteils, der nur noch bei 14,9% liegt.
Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes können ihre Marktanteile seit 2019 dagegen noch leicht auf 3,8 bzw. 3,4% erhöhen.
Die Marktrelevanz, d.h. Bedeutung des chinesischen Marktes an den Gesamtabsätzen, liegt bei Volkswagen und Mercedes bei 36% und bei BMW bei 32%.
Die Fokussierung vieler Automobilhersteller auf wenige Kernregionen (insbesondere China) ist zunehmend kritisch. Angesichts der technologischen Transformation und einer damit verbundenen Wettbewerbsintensität sowie geopolitischer Spannungen ist die Aufrechterhaltung der jahrelangen Absatzerfolge immer schwerer zu realisieren. Der globale Automobilmarkt konnte sich im vergangenen Jahr 2023 von den krisengeplagten Vorjahren zumindest temporär erholen. So verzeichneten die 30 größten Automobilkonzerne ein Absatzplus von 9,9% im Vergleich zu 2022 auf rund 81,8 Mio. Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und befindet sich erstmals wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2018.
Jenseits der globalen Marktperspektive deckt ein Blick auf die Wettbewerbspositionierung führender Automobilhersteller in den relevanten Absatzregionen unterschiedliche strategische Ausgangspositionen auf, die mit Chancen und Risiken verbunden sind:
Toyota ist, gemessen am abgesetzten Fahrzeugvolumen, der größte Automobilhersteller der Welt und verkaufte im Gesamtjahr 2023 mit seinen Marken Toyota, Lexus und Daihatsu weltweit 11,1 Mio. Einheiten (+7,4%). Wesentliche Teile des Wachstums wurden auf dem japanischen Heimatmarkt erzielt. Dort stieg der Absatz um 27,5% auf etwas über 1,9 Mio. Autos, was einem Marktanteil von 47,6% entspricht. Stärker zulegen konnte der Volumenhersteller nur in Indien mit einem Plus von 45,5% auf 233 Tsd. Fahrzeuge. Auf dem Hauptabsatzmarkt USA muss sich Toyota mit 2,2 Mio. Einheiten (+2,5%) deutlich dem Marktführer General Motors (2,6 Mio., +14,1%) geschlagen geben. Größere Sorgen macht jedoch der wichtige Markt China: Nach dem Absatzrekord im Jahr 2022 reduzieren sich die Verkäufe entgegen dem Markttrend um 3,8% auf 1,7 Mio. Einheiten. Ursächlich hierfür dürften vor allem das unausgereifte und nicht wettbewerbsfähige Angebot an New Energy Vehicles (NEV) sein.
Die VW Group reiht sich mit einem Absatz von rund 8,9 Mio. Pkw und leichten Nutzfahrzeugen sowie einem Weltmarktanteil von 10,9% als zweitgrößter Automobilhersteller ein. Auch wenn das absolute Verkaufsvolumen nur noch eine nachrangige Bedeutung im Konzern einnimmt, steigt der Gesamtabsatz überdurchschnittlich um 11,9%. Über 40% davon entfallen dabei auf den Heimatmarkt Europa, wo VW markenübergreifend auf 3,6 Mio. Einheiten (+19,4%) zulegen konnte. In China legt das Fahrzeugvolumen mit 3,2 Mio. Pkw nur unterdurchschnittlich zu (+1,6%), wobei insbesondere die Kernmarke VW gegen Jahresende starke Preisnachlässe auf ihre elektrischen ID.-Modelle gewährte. Das expansive Vorgehen und die technologischen Kompetenzen vieler chinesischer Wettbewerber machen dem hiesigen Hersteller sichtlich zu schaffen. BYD stieg etwa mit einem Absatz von zuletzt 2,7 Mio. Pkw (+50,0%) innerhalb weniger Jahre zum schärfsten Konkurrenten im Volumensegment auf und verkürzte spürbar den Abstand zum deutschen Marktführer in China. Weiterhin stark unterrepräsentiert ist der VW Konzern in den USA. Von den rund 15,6 Mio. verkauften Fahrzeugen entfallen gerade einmal 4,1% (bzw. 633 Tsd.) auf VW-Marken. Erstmals hat damit der US-Elektrohersteller Tesla (655 Tsd.) den deutschen Konzern beim Fahrzeugabsatz überholt.
Die Marktpositionierung der deutschen Premiumhersteller BMW, Mercedes-Benz und Audi variiert insgesamt nur marginal, wobei BMW (inkl. Mini und Rolls-Royce) mit ca. 2,6 Mio. Pkw führend beim Verkaufsvolumen ist und Mercedes-Benz (2,0 Mio.) sowie Audi (1,9 Mio.) hinter sich lässt. 68% (BMW), 77% (Audi) bzw. 83% (Mercedes-Benz) der deutschen Premiumfahrzeuge werden dabei ausschließlich in Europa und China neu zugelassen. Die starke Konzentration auf die beiden Marktregionen geht jedoch mit einer hohen Verwundbarkeit einher. Dies gilt im Besonderen für die Marke Mercedes-Benz, die in China einen rückläufigen Absatz auf 737 Tsd. Fahrzeuge (-1,9%) verbucht und knapp die Hälfte (46,3%) seiner Modelle in Europa verkauft. Auf dem strategisch wichtigen Absatzmarkt USA können alle deutschen Premiumhersteller keine nachhaltigen Wachstumspfade einschlagen. BMW und Mercedes-Benz verkaufen seit mehr als zehn Jahren zwischen 300 und 400 Tsd. Autos pro Jahr, während Audi konstant bei rund 200 Tsd. Einheiten jährlich liegt.
Abbildung 2: Marktpositionierung globaler Automobilhersteller in China (2023)
Quelle: CAM
Absatzstärkster Konzern bleibt Toyota mit über 11 Mio. ausgelieferten Fahrzeugen, gefolgt von Volkswagen mit 8,9 Mio. Einheiten und der Hyundai Group mit 7,3 Mio. Autos. Während aus globaler Perspektive insbesondere chinesischer Automobilhersteller, darunter BYD (+62,2%), Chery (+52,6%) und GAC (+39,9%), sowie Tesla (+37,7%) das stärkste Absatzwachstum erzielten, performten etablierte Konzerne wie Nissan (+4,1%), Ford (+4,3%) oder Mitsubishi (-10,3%) eher unterdurchschnittlich. Mit BYD (3,0 Mio. Pkw) liegt zudem erstmals ein chinesischer Konzern in den Top 10 der volumenstärksten Automobilhersteller. SAIC (2,8 Mio.) und Geely (2,5 Mio.) folgen auf den Rängen 11 und 13 nur knapp dahinter und lassen bereits Größen wie Renault (2,2 Mio.) oder Mercedes-Benz (2,0 Mio.) hinter sich.
Abseits der Entwicklungen einzelner OEMs offenbart die neue Marktpositionierungsmatrix des CAM zudem, dass sich die Absatzzahlen auf den einzelnen Automobilmärkten im direkten Jahresvergleich stark unterscheiden.
Obwohl China mit einem Volumen von 21,7 Mio. Pkw (+5,6%) weiterhin auf Wachstumskurs ist, verzeichnet das Land im Vergleich der Marktregionen das schwächste Absatzplus im Vergleich zum Vorjahr. Dies ist einerseits auf die wenig durch Corona oder den Halbleitermangel beeinflussten Jahre 2020 bis 2022 zurückzuführen, offenbart jedoch auch andererseits temporäre Sättigungstendenzen. Die zuletzt publik gewordene Einführung einer staatlichen Abwrackprämie in Höhe von bis zu 10.000 RMB (ca. 1.300 EUR) zur Beschleunigung des Verkaufs von Neufahrzeugen stützt diese These. Die Sättigungstendenzen und hohe Wettbewerbsdynamik in China ist auch ein Grund für die zunehmende Internationalisierung chinesischer Hersteller.
Die übrigen Kernregionen USA (+13,0%), Europa (+14,0%), Japan (+15,8%) und Brasilien (+11,2%) erholten sich zwar allesamt spürbar, aber bleiben dennoch weiterhin unterhalb des Vor-Coronaniveaus aus dem Jahr 2019.
Die einzige Ausnahme bildet Indien. Wurden 2019 noch rund 3,0 Mio. Pkw neu zugelassen, so liegt das Verkaufsvolumen im Jahr 2023 bereits bei über 4,1 Mio. Einheiten. Im Vergleich zum Vorjahr (2022) ergibt sich eine Steigerung um 8,2%. Indien wird damit sowohl für Volumen- als auch Premiumhersteller immer interessanter und positioniert sich als attraktiver Fertigungs- und Verkaufsstandort.
Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Marktpositionierung der Automobilhersteller ist vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen und Marktvolatilitäten von zunehmender strategischer Bedeutung. Die hohe Marktrelevanz deutscher Hersteller in China ist janusköpfig: Einerseits profitieren die Hersteller von der hohen Nachfrage und dem Wachstum des größten Automarktes der Welt. Auf der anderen Seite entsteht ein starkes Abhängigkeits- und Verwundbarkeitsrisiko für die Unternehmen. Eine möglichst ausgeglichene globale Marktposition in den verschiedenen Automobilregionen stärkt dagegen langfristig die Resilienz. Große langfristige Marktchancen bietet dabei der indische Automobilmarkt, indem vor allem Suzuki und Hyundai als ausländische OEM dominieren, während die Marktanteile von deutschen oder französischen Automobilherstellern noch sehr gering sind.“
Download des Posters: https://lnkd.in/gmaZF7rN
[1] Die Studie zur Marktpositionierung wurde durch das CAM erarbeitet. Das Poster entstand mit freundlicher Unterstützung von Cisco und den Zeitschriften Automobilproduktion und AutomotiveIT.
Die durchschnittliche EBIT-Marge von 10 ausgewählten globalen Automobilherstellern sinkt im 1. Quartal 2024 auf 7,1% (2023: 8,3%) und fällt damit auf den tiefsten Wert seit mehr als drei Jahren.
BMW ist konzernweit über alle Segmente mit 11,1% operativer Marge am profitabelsten, gefolgt von Mercedes-Benz (10,8%) und Toyota (10,0%). Die VW Group liegt mit 6,1% im Mittelfeld, während Ford mit einer Rendite von 2,9% das Schlusslicht bildet.
Der durchschnittliche Gewinn (EBIT) pro Fahrzeug sinkt um 19% von 2.771 auf 2.253 EUR. Die Premiumhersteller BMW (4.557 EUR) und Mercedes-Benz (4.321 EUR) verdienen am besten. Die Elektroautobauer Tesla (2.803 EUR) und BYD (1.191 EUR) büßen an Profitabilität ein, rangieren aber trotzdem vor etablierten Automobilherstellern wie Ford (920 EUR) oder Honda (615 EUR).
Bei den in den letzten Jahren von stark überdurchschnittlichen Gewinnmargen verwöhnten Auto- mobilhersteller kehrt im 1. Quartal 2024 wieder zunehmend Normalität ein. Nachdem die Unterneh- men zuletzt durch Lieferengpässe bei ungebrochener Nachfrage vor allem höherpreisige und mar- genträchtigere Fahrzeuge produzieren konnten, drücken nun anhaltend hohe Kapitalzinsen sowie wirtschafts- und geopolitische Unsicherheiten negativ auf die Auftragseingänge. Ein Langzeitver- gleich von zehn globalen Automobilherstellern zeigt einen Rückgang der EBIT-Marge seit 2021/22 auf durchschnittlich 7,1% (Q1 2024). Die Profite sind dabei eng an den strategischen Markterfolg geknüpft: Mit den flexiblen Multi-Powertrain-Plattformen sowie dem breit verfügbaren und attrak- tiven Angebotsportfolio erzielt die BMW Group (11,1%) dabei aktuell die höchste Rendite. Der Ver- kauf und die Profitabilität von Elektrofahrzeugen bleibt angesichts des schwächelnden Markthoch- laufs in Europa und den USA dagegen insgesamt herausfordernd. Während etablierte Hersteller wie Ford hohe Verluste pro Elektrofahrzeug verzeichnen, können die Marktführer Tesla (5,5%) und BYD (4,6%) trotz des Preiskrieges noch respektable Gewinne verbuchen. Das sind die zentralen Erkennt- nisse einer aktuellen Kurzstudie des Center of Automotive Management (CAM) im Rahmen des Electromobility Report 2024.
Die EBIT-Marge der zehn ausgewählten globalen Automobilhersteller (vgl. Abbildung 1) sinkt im ersten Quartal 2024 mit durchschnittlich 7,1% auf den tiefsten Stand seit drei Jahren. Zum Vergleich: Zwi- schen 2021 und 2023 erzielten dieselben Akteure durchschnittlich eine jährliche operative Rendite von 8,3-8,4%. Die deutschen Premiumhersteller BMW (11,1%) und Mercedes-Benz (10,8%) bleiben im Wettbewerbsvergleich die profitabelsten Autokonzerne, wenngleich Toyota (10,0%) als größter Volumenhersteller nur knapp dahinter folgt. Auch General Motors (GM) kann im 1. Quartal seine Marge auf 8,7% steigern. Die VW Group liegt mit 6,1% Gesamtrendite im Mittelfeld und kann sich knapp vor Hyundai (5,8%) und Honda (5,6%) platzieren. Die Elektroautohersteller Tesla (5,5%) und BYD (4,6%) leiden unter dem schwächelnden Markthochlauf sowie dem dynamischen Preiswettbewerb: Der US-Hersteller erzielte im Jahr 2021 noch rund 17% EBIT-Marge, während BYD in den letzten Jahren zwischen 4 und 5% liegt. In einer noch schwierigeren Lage befindet sich Ford: Über alle Fahrzeugseg- mente hinweg erzielte das Unternehmen nur eine operative Rendite von 2,9%. Die Elektro-Sparte „Mo- del e“ schlägt hierbei mit einem negativen EBIT von umgerechnet -1,2 Mrd. EUR besonders negativ zubuche.
Wie die Gesamtrendite reduziert sich auch im Kern-Automobilgeschäft der Gewinn (EBIT) pro abge- setztes Fahrzeug (vgl. Abbildung 2). Die zehn betrachteten Automobilhersteller verdienen im 1. Quar- tal 2024 durchschnittlich 2.253 EUR/Fahrzeug, was einem Rückgang von 19% gegenüber dem Gesamt- jahr 2023 entspricht. Damals brachte jedes verkaufte Automobil noch 2.771 EUR an operativem Ge- winn ein. Zu den Bestverdienern zählen wenig überraschend die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz, die jeweils mehr als 4.000 EUR EBIT pro Fahrzeug erreichen. Dennoch ergibt sich ein rückläufiger Trend: BMW verdiente im Gesamtjahr 2023 noch etwas mehr als 5.000 EUR pro Auto, während es bei Mercedes-Benz sogar über 7.000 EUR waren. Die Stuttgarter haben insbesondere mit ihrem Pkw-Geschäft zu kämpfen. Das EBIT von Mercedes-Benz Cars liegt im Q1 2024 etwa 41% unter- halb des Gewinns aus dem Vorjahresquartal. Mit Ausnahme von GM weisen auch die übrigen etablier- ten Automobilhersteller rückläufige oder weitestgehend stagnierende Gewinne pro Fahrzeug aus. Der US-Konzern dürfte vor allem mit seinem ausgereiften Verbrenner-Portfolio vom schwächelnden EV- Markthochlauf auf dem Heimatmarkt profitieren.
Abbildung 2: EBIT (Automotive) pro Fahrzeug ausgewählter Automobilkonzerne (2023 – Q1 2024, in EUR)
Elektrofahrzeughersteller wie Tesla oder BYD haben derweil umso stärker mit dem gegenwärtigen Markthochlauf zu kämpfen und erreichen nur noch ein EBIT von umgerechnet 2.803 bzw. 1.191 EUR/Fahrzeug. Damit ist der Gewinn pro Fahrzeug bei Tesla zwar noch deutlich höher als der Durch- schnitt des Samples aus 10 globalen Automobilherstellern. Allerdings verdiente Tesla 2021 mit 5.894 EUR/Fahrzeug noch mehr als das Doppelte.
BYD setzt dagegen weiterhin auf Volumen und Expansion. Das Unternehmen kann seinen Absatz so- wohl im Heimatmarkt als auch zunehmend in anderen Regionen steigern und fährt weiterhin eine ag- gressive Pricing-Strategie bei einer Marge zwischen 4 und 5%. Obwohl BYD ausschließlich vollelektri- sche Autos und Plug-In-Hybride fertigt, liegt der Gewinn pro Fahrzeug in etwa auf Höhe der überwie- gend vom Verbrennungsmotor abhängigen VW Group (1.272 EUR). Der US-Akteur Ford, der als einzi- ger etablierter Hersteller die Finanzkennzahlen seiner Elektro-Sparte veröffentlicht, verbucht im 1. Quartal 2024 infolge schwacher Nachfrage und getätigter Preisanpassungen einen operativen Verlust von etwa 120.000 EUR/Fahrzeug. Im Gesamtjahr 2023 verlor das Unternehmen bereits rund 33.000 EUR pro abgesetztes Elektroauto. Angesichts der Kaufzurückhaltung breiter Kundenschichten ist davon auszugehen, dass die Elektromobilität – abseits des chinesischen Fahrzeugmarktes – auch im Jahr 2024 für viele etablierte Automobilhersteller ein unattraktives Verlustgeschäft bleiben wird.
Studienleiter Stefan Bratzel: „Die aktuellen Entwicklungen der Finanzkennzahlen globaler Automobil- hersteller unter besonderer Berücksichtigung der Elektromobilität offenbaren die Zwickmühle, in der sich etablierte OEMs gegenwärtig befinden. Einerseits sind sie – nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Anforderungen – gezwungen, verstärkt emissionsarme oder lokal emissionsfreie Fahrzeuge anzubieten. Andererseits verdienen die Akteure mehrheitlich noch kein Geld mit Elektroautos und sind indes auf stabile Renditen ihres Verbrennergeschäfts angewiesen, um die hohen Investitionssummen für neue Zukunftstechnologien zu stemmen. Dabei gibt es keinen Weg zurück, sondern vor allem zwei Hand- lungsoptionen: Erstens gilt es die Kosten von Elektrofahrzeugen entlang der Wertschöpfungskette weiter zu reduzieren und – ggf. durch Kooperationen – Skaleneffekte im Bereich Batteriezelle, Packaging sowie Design und Produktion der Fahrzeuge zu erzielen. Die Endkundenpreise zwischen Verbrennern und Elektrofahrzeugen müssen für den weiteren Markthochlauf angeglichen werden. Zweitens gilt es insbesondere im Wettbewerb mit chinesischen Autobauern die Innovationskraft im Bereich Elektromo- bilität zu erhöhen. Gerade deutsche Autobauer müssen mindestens so viel innovativer und besser sein, wie sie teurer sind. Das ist vor dem Hintergrund der aktuellen Innovationsdynamik der chinesischen Automobilindustrie eine überlebensnotwendige und gleichsam herkulesische Aufgabe.“
Deutschlands Autobauer halten sich immer noch für Weltspitze. Ein neues Ranking zeigt ziemlich deutlich: Der gute Ruf bröckelt mit der E-Wende.
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Ein neues Ranking des Automotive-Forschungsinstituts CAM von Branchenexperte Stefan Bratzel stellt heraus, wie stark die Dominanz der Chinesen in der Elektrowelt wirklich ist. Die Zahlen liegen dem Handelsblatt exklusiv vor und dürften für Diskussionsstoff sorgen in einer Zeit, in der die Europäische Union kurz davor steht, Strafzölle auf den Import chinesischer Elektrofahrzeuge zu erheben.
Im ersten Quartal des Jahres 2024 wurden in den drei automobilen Kernregionen China, Europa und USA zusammen 1,75 Mio. BEVs (+11%) und rund 1,1 Mio. PHEVs (+52%) neu zugelassen. China leistet hierzu mit 1 Mio. BEVs und 740 Tsd. PHEVs den größten Beitrag.
Deutschland verliert mit nur 81 Tsd. BEVs (-14%) seine Spitzenposition als europäischer Elektro-Leitmarkt nach Neuzulassungen an das Vereinigte Königreich mit 84 Tsd. BEVs (+11%). Frankreich wächst ebenfalls dynamisch und folgt mit knapp 80 Tsd. BEVs (+24%) kurz dahinter.
Unter den OEMs (Konzernebene) muss Tesla erstmals einen Absatzrückgang hinnehmen, erzielt jedoch mit 387 Tsd. die meisten BEV-Verkäufe. BYD steigert seinen Absatz auf 300 Tsd. BEVs und setzt den Marktführer weiter unter Druck. SAIC (150 Tsd.), VW Group (136 Tsd.) und Geely Group (130 Tsd.) komplettieren die Top 5 im BEV-Bereich.
Im Gesamtjahr 2024 rechnet das CAM mit weltweiten BEV-Neuzulassungen in Höhe von etwa 10 Mio. Pkw (+11%), davon knapp 6 Mio. in China, 2,3 Mio. in Europa und 1,3 Mio. in den USA.
Die Wachstumsdynamik der Elektromobilität verschiebt sich angesichts konjunktureller Herausforderungen und zurückhaltender Kundennachfrage zugunsten von Hybrid-Technologien. Während vollelektrische Pkw (BEVs) in den automobilen Kernmärkten China, Europa und USA nur um 11% auf 1,75 Mio. BEVs zulegen, steigen Plug-In-Hybride (PHEVs) überdurchschnittlich um 52% auf 1,1 Mio. Einheiten. Vielen Automobilherstellern macht diese Entwicklung sichtlich zu schaffen. Der BEV-Marktführer Tesla verzeichnet ein reduziertes Absatzvolumen von 387 Tsd. Pkw (-9%) und selbst BYD meldet trotz signifikanter Preissenkungen nur eine Steigerung um 13% auf 300 Tsd. BEVs. Unter den deutschen Herstellern weist BMW (+28%) das stärkste Wachstum auf. Die VW Group (-1%) und Mercedes-Benz (-7%) müssen stattdessen Volumeneinbußen hinnehmen. Für das Gesamtjahr 2024 rechnet das Center of Automotive Management (CAM) aufgrund der angespannten Lage mit etwa 10 Mio. BEVs (+11%), davon knapp 6 Mio. in China, 2,3 Mio. in Europa und rund 1,3 Mio. in den USA.
China treibt die Elektromobilität als größter Automobilmarkt der Welt am stärksten voran. Zwischen Januar und März 2024 wurden rund 1 Mio. BEVs sowie etwa 740 Tsd. PHEVs neu zugelassen, was einem Wachstum von 15% bzw. 75% gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht (vgl. Abbildung 1). Mit einem EV-Anteil von etwa 37% ist damit mehr als jedes Dritte neu zugelassene Auto in China entweder vollelektrisch oder ein Plug-In-Hybrid (Q1 2023: 31%). Speziell PHEVs erfreuen sich einer erhöhten Beliebtheit: Machte die Antriebsart im März 2023 noch etwa 10% der Neuzulassungen aus, so waren es ein Jahr später bereits rund 17%.
Abbildung 1: EV-Neuzulassungen und -Marktanteile in den Kernregionen (Q1 2023/24)
In Europa verlieren Elektrofahrzeuge dagegen etwas an Momentum. In der EU, EFTA und UK steigt der BEV-Absatz nach Schätzungen des CAM nur marginal um 6% auf etwa 460 Tsd. Einheiten und die PHEV-Neuzulassungen um 14% auf 260 Tsd. Pkw. Dabei büßt Deutschland seine Position als europäischer Leitmarkt der E-Mobilität nach abgesetztem Fahrzeugvolumen ein (vgl. Abbildung 2). Während die BEV-Neuzulassungen hierzulande um 14% auf 81 Tsd. Einheiten einbrechen, verzeichnet das Vereinigte Königreich ein Wachstum von 11% auf 84 Tsd. BEVs. Auch Frankreich vermeldet einen starken Zuwachs von 24% auf 80 Tsd. BEVs. Selbst wenn man die PHEVs hinzurechnet, liegt das Vereinigte Königreich mit 127 Tsd. Neuzulassungen knapp vor Deutschland mit 126 Tsd. EVs und Frankreich mit 119 Tsd. EVs.
Abbildung 2: EV-Neuzulassungen und -Marktanteile in europäischen Automobilmärkten
In den USA schwächt sich der Hochlauf der BEV-Neuzulassungen ebenfalls ab. Für das erste Quartal 2024 rechnet das CAM mit einem Niveau von etwa 265 Tsd. BEVs, was lediglich einer Steigerung von 6% im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Tesla hat zwar mit einem Volumen von 167 Tsd. (+3%) noch immer den größten Marktanteil, kann diesen jedoch angesichts stärkerer Konkurrenz immer schwieriger verteidigen. Machte das Unternehmen im Vorjahreszeitraum noch über 62% der BEV-Verkäufe aus, so sind es jetzt nur noch 55%. Hinzu kommt, dass auch in den USA Plug-In-Hybride verstärkt als Alternative zum vollelektrischen Antrieb angesehen werden. Einige Hersteller, darunter auch die einheimischen Konzerne Ford und GM, haben ihre BEV-Pläne zugunsten von PHEVs nach hinten korrigiert.
Die regional unterschiedlichen Entwicklungen der Elektromobilität machen sich in den Absatzbilanzen der Automobilhersteller bemerkbar (vgl. Abbildung 3). Der US-Hersteller Tesla kann seinen geplanten Wachstumspfad gegenwärtig nicht umsetzen und meldet stattdessen ein Auslieferungsdefizit von 9% gegenüber dem Vorjahresquartal. Mit rund 387 Tsd. verkauften BEVs ist das Unternehmen dennoch international der größte Automobilhersteller von reinen Elektrofahrzeugen. Der chinesische Hauptwettbewerber BYD erzielt u.a. dank seiner aggressiven Preispolitik ein marktdurchschnittliches Wachstum von 13% bei seinen BEVs und liegt mit einem Volumen von 300 Tsd. Einheiten auf dem zweiten Rang. Zählt man die 324 Tsd. ebenfalls verkauften PHEVs hinzu, dann ist BYD mit weitem Abstand der größte Fertiger von Elektrofahrzeugen (EVs).
Im Rennen um den dritten Platz der Hersteller mit den am meisten verkauften BEVs kann sich nach Schätzungen des CAM der chinesische Automobilkonzern SAIC gegenüber der VW Group durchsetzen. SAIC berichtet über einen Verkaufszuwachs seiner „New Energy Vehicles“ (BEV, PHEV, HEV, FCEV) von 48% gegenüber dem Vorjahresquartal auf 210 Tsd. Fahrzeuge, wovon etwa 150 Tsd. BEVs (+13%) sein dürften. Damit ist nahezu jedes dritte neu zugelassene Fahrzeug (32%) des Unternehmens vollelektrisch. Der VW Konzern hat hingegen insbesondere in Europa (-24%) und den USA (-16%) mit rückläufigen BEV-Absätzen zu kämpfen und rutscht mit einem globalen Verkaufsvolumen von 136 Tsd. BEVs (-1%) auf den vierten Platz ab. Ebenso bedenklich ist der mit weiterhin 7% unverändert niedrige BEV-Anteil an den Gesamtverkäufen. Die Geely Group, der unter anderem die Hersteller Volvo, Polestar und Lotus zugehören, wächst mit einem Volumen von 130 Tsd. BEVs (+31%) am stärksten und vervollständigt damit die Top 5. Da auch die Gesamtzulassungen stark ansteigen (+35%), bleibt der BEV-Anteil unverändert bei etwa 20%.
Abbildung 3: Top 5 Automobilhersteller nach BEV-Neuzulassungen (Q1 2023/24)
Die weiteren deutschen Automobilhersteller BMW und Mercedes-Benz entwickeln sich gegensätzlich. BMW erhöht mit rund 83 Tsd. ausgelieferten Fahrzeugen (+28%) seinen BEV-Absatz überdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt und erreicht einen BEV-Anteil von 14% (Q1 2023: 11%). Dagegen vermeldet Mercedes-Benz einen leichten Rückgang der Auslieferungen vollelektrischer Pkw und Vans auf 51 Tsd. Einheiten (-7%). Dies kann einerseits auf die auslaufende Produktion des smart fortwo sowie andererseits den ebenfalls rückläufigen Gesamtabsatz (-6%) zurückgeführt werden. Nichtsdestotrotz bleibt der BEV-Anteil von Mercedes-Benz mit 9% auf einem anhaltend niedrigen Niveau.
Bei den Prognosen für das Gesamtjahr 2024 geht das CAM weltweit von etwa 10 Mio. BEV-Neuzulassungen aus (+11%). Der chinesische Markt wird dabei mit knapp 6 Mio. Einheiten und rund 60% des weltweiten Absatzes eine führende Rolle bei der Antriebswende einnehmen (+17%). In Europa dürfte sich die konträre Entwicklung der einzelnen Binnenmärkte sowie die ausbleibende Preisattraktivität von Elektrofahrzeugen dämpfend auf die Neuzulassungen auswirken. Das CAM geht hierbei von etwa 2,3 Mio. BEVs aus (+15%), wobei für Deutschland rund 470 Tsd. Elektrofahrzeuge (-10%) prognostiziert werden. Die USA befinden sich angesichts der hohen politischen Unsicherheit im Zuge der anstehenden Präsidentschaftswahl in einem schwierigen Findungsprozess mit unklarem Ausgang. Für die Elektromobilität könnten diese Rahmenbedingungen nur ein geringfügiges Wachstum auf 1,3 Mio. BEVs (+8%) bedeuten.
Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Der Hochlauf vollelektrischer Pkw ist in einer kritischen Übergangsphase und gerät in vielen Teilen der Welt zugunsten von Verbrenner- und Hybrid-Technologien (z.B. PHEVs) ins Stocken. Diese Entwicklung kann angesichts der omnipräsenten klimatischen Bedrohungslage sowie der politischen Diskussion über eine Verschiebung von Emissionszielen als alarmierend eingestuft werden. Was wir jetzt brauchen, ist eine Wiederbelebung der Märkte mit technologisch ausgereiften und preislich attraktiven Modellen. Nur so lassen sich schwierige Käuferschichten ohne Early-Adopter-Mindset dauerhaft überzeugen. Diese existieren bereits und stammen immer häufiger aus chinesischen Werken, was der hiesigen Industrie zu denken geben sollte.“
Über den Electromobility Report:
Der CAM Electromobility Report 2024 analysiert regelmäßig die aktuellen Markt-, Absatz- und Innovationstrends der Elektromobilität in wichtigen Kernmärkten (z.B. China, USA, Europa und Deutschland). Gleichzeitig werden die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Markthochlauf der Elektromobilität empirisch beleuchtet. Die daraus abgeleiteten Annahmen werden schließlich in Markthochlauf-Szenarien für das Jahr 2030 überführt. Die Untersuchung konzentriert sich auf reine Batteriefahrzeuge (BEV) und Plug-In-Hybride (PHEV).