Die globale Marktpositionierung der Automobilhersteller zeigt dynamische Marktveränderungen mit einer zunehmenden Dominanz von China. Chinesische OEMs steigern ihre Marktanteile im Heimatmarkt und nehmen zunehmend internationale Märkte in den Fokus.

  • Die höchsten weltweiten Wachstumsraten zum Vorjahr weisen im Vergleich der 30 untersuchten Automobilgruppen die chinesischen Automobilhersteller BYD (62%), Chery (52%) und GAC (38%) auf.
  • BYD schafft es als erster chinesischer OEM in die Top 10 der volumenstärksten globalen Autokonzerne (3,0 Mio.) und kann den Marktanteil in China von 2019 bis 2023 von 2,1 auf 12,5% erhöhen, wobei der Elektroautobauer bereits 10% seiner Verkäufe im Ausland realisiert.
  • Der chinesische Marktführer VW Group verliert dagegen im gleichen Zeitraum in China rund 5% seines Marktanteils, der nur noch bei 14,9% liegt.
  • Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes können ihre Marktanteile seit 2019 dagegen noch leicht auf 3,8 bzw. 3,4% erhöhen.
  • Die Marktrelevanz, d.h. Bedeutung des chinesischen Marktes an den Gesamtabsätzen, liegt bei Volkswagen und Mercedes bei 36% und bei BMW bei 32%.

Das sind einige der zentralen Ergebnisse der exklusiven Marktpositionierungsmatrix© des Center of Automotive Management (CAM) in Kooperation mit Cisco und Automobilproduktion[1], die mittels zentraler KPIs eine aktuelle Übersicht über die Stärke („Marktanteil“, „Absatzwachstum“) und Abhängigkeiten („OEM-Marktrelevanz“) globaler Automobilhersteller in den wichtigsten Automobilmärkten China, USA, Europa, Japan, Brasilien und Indien bereitstellt (vgl. Abb. 1; Download hier).

Die Fokussierung vieler Automobilhersteller auf wenige Kernregionen (insbesondere China) ist zunehmend kritisch. Angesichts der technologischen Transformation und einer damit verbundenen Wettbewerbsintensität sowie geopolitischer Spannungen ist die Aufrechterhaltung der jahrelangen Absatzerfolge immer schwerer zu realisieren. Der globale Automobilmarkt konnte sich im vergangenen Jahr 2023 von den krisengeplagten Vorjahren zumindest temporär erholen. So verzeichneten die 30 größten Automobilkonzerne ein Absatzplus von 9,9% im Vergleich zu 2022 auf rund 81,8 Mio. Pkw und leichte Nutzfahrzeuge und befindet sich erstmals wieder auf dem Vorkrisenniveau von 2018.

Abbildung 1: Marktpositionierung globaler Automobilhersteller (2023)

Quelle: CAM

Jenseits der globalen Marktperspektive deckt ein Blick auf die Wettbewerbspositionierung führender Automobilhersteller in den relevanten Absatzregionen unterschiedliche strategische Ausgangspositionen auf, die mit Chancen und Risiken verbunden sind:

  • Toyota ist, gemessen am abgesetzten Fahrzeugvolumen, der größte Automobilhersteller der Welt und verkaufte im Gesamtjahr 2023 mit seinen Marken Toyota, Lexus und Daihatsu weltweit 11,1 Mio. Einheiten (+7,4%). Wesentliche Teile des Wachstums wurden auf dem japanischen Heimatmarkt erzielt. Dort stieg der Absatz um 27,5% auf etwas über 1,9 Mio. Autos, was einem Marktanteil von 47,6% entspricht. Stärker zulegen konnte der Volumenhersteller nur in Indien mit einem Plus von 45,5% auf 233 Tsd. Fahrzeuge. Auf dem Hauptabsatzmarkt USA muss sich Toyota mit 2,2 Mio. Einheiten (+2,5%) deutlich dem Marktführer General Motors (2,6 Mio., +14,1%) geschlagen geben. Größere Sorgen macht jedoch der wichtige Markt China: Nach dem Absatzrekord im Jahr 2022 reduzieren sich die Verkäufe entgegen dem Markttrend um 3,8% auf 1,7 Mio. Einheiten. Ursächlich hierfür dürften vor allem das unausgereifte und nicht wettbewerbsfähige Angebot an New Energy Vehicles (NEV) sein.
  • Die VW Group reiht sich mit einem Absatz von rund 8,9 Mio. Pkw und leichten Nutzfahrzeugen sowie einem Weltmarktanteil von 10,9% als zweitgrößter Automobilhersteller ein. Auch wenn das absolute Verkaufsvolumen nur noch eine nachrangige Bedeutung im Konzern einnimmt, steigt der Gesamtabsatz überdurchschnittlich um 11,9%. Über 40% davon entfallen dabei auf den Heimatmarkt Europa, wo VW markenübergreifend auf 3,6 Mio. Einheiten (+19,4%) zulegen konnte. In China legt das Fahrzeugvolumen mit 3,2 Mio. Pkw nur unterdurchschnittlich zu (+1,6%), wobei insbesondere die Kernmarke VW gegen Jahresende starke Preisnachlässe auf ihre elektrischen ID.-Modelle gewährte. Das expansive Vorgehen und die technologischen Kompetenzen vieler chinesischer Wettbewerber machen dem hiesigen Hersteller sichtlich zu schaffen. BYD stieg etwa mit einem Absatz von zuletzt 2,7 Mio. Pkw (+50,0%) innerhalb weniger Jahre zum schärfsten Konkurrenten im Volumensegment auf und verkürzte spürbar den Abstand zum deutschen Marktführer in China. Weiterhin stark unterrepräsentiert ist der VW Konzern in den USA. Von den rund 15,6 Mio. verkauften Fahrzeugen entfallen gerade einmal 4,1% (bzw. 633 Tsd.) auf VW-Marken. Erstmals hat damit der US-Elektrohersteller Tesla (655 Tsd.) den deutschen Konzern beim Fahrzeugabsatz überholt.
  • Die Marktpositionierung der deutschen Premiumhersteller BMW, Mercedes-Benz und Audi variiert insgesamt nur marginal, wobei BMW (inkl. Mini und Rolls-Royce) mit ca. 2,6 Mio. Pkw führend beim Verkaufsvolumen ist und Mercedes-Benz (2,0 Mio.) sowie Audi (1,9 Mio.) hinter sich lässt. 68% (BMW), 77% (Audi) bzw. 83% (Mercedes-Benz) der deutschen Premiumfahrzeuge werden dabei ausschließlich in Europa und China neu zugelassen. Die starke Konzentration auf die beiden Marktregionen geht jedoch mit einer hohen Verwundbarkeit einher. Dies gilt im Besonderen für die Marke Mercedes-Benz, die in China einen rückläufigen Absatz auf 737 Tsd. Fahrzeuge (-1,9%) verbucht und knapp die Hälfte (46,3%) seiner Modelle in Europa verkauft. Auf dem strategisch wichtigen Absatzmarkt USA können alle deutschen Premiumhersteller keine nachhaltigen Wachstumspfade einschlagen. BMW und Mercedes-Benz verkaufen seit mehr als zehn Jahren zwischen 300 und 400 Tsd. Autos pro Jahr, während Audi konstant bei rund 200 Tsd. Einheiten jährlich liegt.

Abbildung 2: Marktpositionierung globaler Automobilhersteller in China (2023)

Quelle: CAM

Absatzstärkster Konzern bleibt Toyota mit über 11 Mio. ausgelieferten Fahrzeugen, gefolgt von Volkswagen mit 8,9 Mio. Einheiten und der Hyundai Group mit 7,3 Mio. Autos. Während aus globaler Perspektive insbesondere chinesischer Automobilhersteller, darunter BYD (+62,2%), Chery (+52,6%) und GAC (+39,9%), sowie Tesla (+37,7%) das stärkste Absatzwachstum erzielten, performten etablierte Konzerne wie Nissan (+4,1%), Ford (+4,3%) oder Mitsubishi (-10,3%) eher unterdurchschnittlich. Mit BYD (3,0 Mio. Pkw) liegt zudem erstmals ein chinesischer Konzern in den Top 10 der volumenstärksten Automobilhersteller. SAIC (2,8 Mio.) und Geely (2,5 Mio.) folgen auf den Rängen 11 und 13 nur knapp dahinter und lassen bereits Größen wie Renault (2,2 Mio.) oder Mercedes-Benz (2,0 Mio.) hinter sich.

Abseits der Entwicklungen einzelner OEMs offenbart die neue Marktpositionierungsmatrix des CAM zudem, dass sich die Absatzzahlen auf den einzelnen Automobilmärkten im direkten Jahresvergleich stark unterscheiden.

  • Obwohl China mit einem Volumen von 21,7 Mio. Pkw (+5,6%) weiterhin auf Wachstumskurs ist, verzeichnet das Land im Vergleich der Marktregionen das schwächste Absatzplus im Vergleich zum Vorjahr. Dies ist einerseits auf die wenig durch Corona oder den Halbleitermangel beeinflussten Jahre 2020 bis 2022 zurückzuführen, offenbart jedoch auch andererseits temporäre Sättigungstendenzen. Die zuletzt publik gewordene Einführung einer staatlichen Abwrackprämie in Höhe von bis zu 10.000 RMB (ca. 1.300 EUR) zur Beschleunigung des Verkaufs von Neufahrzeugen stützt diese These. Die Sättigungstendenzen und hohe Wettbewerbsdynamik in China ist auch ein Grund für die zunehmende Internationalisierung chinesischer Hersteller.
  • Die übrigen Kernregionen USA (+13,0%), Europa (+14,0%), Japan (+15,8%) und Brasilien (+11,2%) erholten sich zwar allesamt spürbar, aber bleiben dennoch weiterhin unterhalb des Vor-Coronaniveaus aus dem Jahr 2019.
  • Die einzige Ausnahme bildet Indien. Wurden 2019 noch rund 3,0 Mio. Pkw neu zugelassen, so liegt das Verkaufsvolumen im Jahr 2023 bereits bei über 4,1 Mio. Einheiten. Im Vergleich zum Vorjahr (2022) ergibt sich eine Steigerung um 8,2%. Indien wird damit sowohl für Volumen- als auch Premiumhersteller immer interessanter und positioniert sich als attraktiver Fertigungs- und Verkaufsstandort.

Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Marktpositionierung der Automobilhersteller ist vor dem Hintergrund geopolitischer Spannungen und Marktvolatilitäten von zunehmender strategischer Bedeutung. Die hohe Marktrelevanz deutscher Hersteller in China ist janusköpfig: Einerseits profitieren die Hersteller von der hohen Nachfrage und dem Wachstum des größten Automarktes der Welt. Auf der anderen Seite entsteht ein starkes Abhängigkeits- und Verwundbarkeitsrisiko für die Unternehmen. Eine möglichst ausgeglichene globale Marktposition in den verschiedenen Automobilregionen stärkt dagegen langfristig die Resilienz. Große langfristige Marktchancen bietet dabei der indische Automobilmarkt, indem vor allem Suzuki und Hyundai als ausländische OEM dominieren, während die Marktanteile von deutschen oder französischen Automobilherstellern noch sehr gering sind.“

Download des Posters: https://lnkd.in/gmaZF7rN



[1] Die Studie zur Marktpositionierung wurde durch das CAM erarbeitet. Das Poster entstand mit freundlicher Unterstützung von Cisco und den Zeitschriften Automobilproduktion und AutomotiveIT.