Entwicklungstrends der Elektromobilität, Segment- und Modellanalyse der Neuzulassungen in Deutschland und China (Jan-Okt 2024)
- Das Angebot rein elektrischer Modelle in Deutschland wächst im Jahr 2024 auf nunmehr 134 Fahrzeuge (Stand Ende September 2024), eine Zunahme 19 Modelle im Vergleich zum Vorjahr.
- Anschaffungspreise für Elektrofahrzeuge sind gestiegen: Der Durchschnittspreis für ein BEV (volumengewichtete Listenpreise) steigt zum Vorjahr jedoch um 3.976€ auf 56.669€, vor allem aufgrund der Zunahmen im Segment der mittleren SUVs.
- Verbrenner bleiben in Deutschland preislich im Vorteil gegenüber Elektrofahrzeugen, auch für chinesische Hersteller gelten hier keine Ausnahmen.
- Während in Deutschland die Preise für BEVs über alle Modellvarianten hinweg steigen, sinken sie in China kontinuierlich.
Mit dem derzeit verfügbaren Modellangebot in Deutschland ist ein schneller Markthochlauf der Elektromobilität nur schwer realisierbar. Zwar steigt die Zahl der batterieelektrischen Fahrzeugmodelle im Vergleich zum Vorjahr auf nunmehr 134 Modelle an (Gesamtjahr 2023: 105 Modelle). Allerdings machen SUVs über die Hälfte (56,7% bzw. 73 Modelle) aus, während sich das Modellangebot in den für den Hochlauf wichtigen Fahrzeugklassen Minis und Kleinwagen reduziert. Gleichzeitig steigen die Anschaffungspreise für E-Autos. Der an den Neuzulassungen gewichtete durchschnittliche Fahrzeugpreis (Listenpreis ohne Sonderausstattung & Aktionspreise) erhöht sich im Vergleich zum Gesamtjahr 2023 um 3.976 € bzw. 7,5% auf 56.669 € (brutto, ohne Abzug der Förderung). Im Mittel steigen jedoch sowohl die Reichweite der Modelle auf 463 km (WLTP) als auch die Ladeleistungen auf 156 kW.
Das sind die wichtigsten Ergebnisse des aktuellen Electromobility Report 2024/2025 des Center of Automotive Management (CAM), der im dritten Jahr in Folge die Modellangebote in Deutschland und China analysiert. Für China lag der Fokus dabei auf den 25 meistverkauften EV-Modellen von Januar bis August. Nach 9 Monaten des Jahres 2024 haben vollelektrische Antriebe in Deutschland mit knapp über 274.810 Neuzulassungen (-29% zum Vorjahr) einen Anteil von rund 13% (17%). Für das Jahr 2025 erwartet das CAM eine erhebliche Belebung der Marktdynamik von Elektrofahrzeugen aufgrund der verschärften CO2-Flottengrenzwerte in der EU. Gleichzeitig wird mit einer deutlichen Senkung der Neuwagenpreise gerechnet.
Auf Basis einer Marktsegmentanalyse des gesamten Angebots von 134 Elektromodellen in Deutschland ergibt sich ein weiterer Anstieg der Anschaffungspreise für BEV, der gewichtet nach Verkaufsvolumen im Mittel auf 56.669 € (+7,5%) steigt. Der Preis für die Einstiegsmodelle liegt im gewichteten Mittel in Deutschland bei 47.209 € (+3,8% zu 2023).
Ein Grund für den Anstieg der volumengewichteten Durchschnittspreise liegt im wachsenden Angebot an SUVs und dem Rückgang kleinerer Modelle. SUVs sind im Schnitt höherpreisig als Minis oder Kleinwagen und dominieren den Markt mit einem Anteil von knapp 56,6% an den BEV-Neuzulassungen. Die mittleren SUVs stellen mit 121.261 verkauften Einheiten fast 46% dieses Segments, im Jahr 2023 waren es 43% (Jan.-Nov.). Besonders beliebt sind Modelle wie das Tesla Model Y und der Skoda Enyaq, die durch Raumangebot und Übersicht überzeugen. Insgesamt ist die Zahl der Elektro-SUVs im Vergleich zum Vorjahr von 48 auf 73 BEV-Modelle gestiegen.
Die Zahl der elektrischen Minis und Kleinwagen ist hingegen von 12 auf 7 Modelle gesunken, Modelle wie der Renault Zoe und der Smart Fortwo wurden eingestellt. Der Marktanteil in diesen Segmenten liegt nur bei 7,3 % an den BEV-Neuzulassungen (Jan-Sept.). Die Kompaktklasse bleibt preisstabil zum Vorjahr und kommt mit weiterhin 11 Modellen auf einen BEV-Neuzulassungsanteil von 16,7% nach drei Quartalen des Jahres 2024.
Verbrenner sind günstiger als Elektrofahrzeuge – auch bei den chinesischen Herstellern
Die Anschaffungspreise von reinen Elektromodellen sind Unterschied zu den Benzin- und Dieselfahrzeugen sind noch deutlich teurer. Das zeigt der Vergleich der Listenpreise der günstigsten Einstiegsmodelle nach Antriebsart als auch die volumengewichteten Durchschnittspreise von ausgewählten Herstellern (ohne PHEV). Besonders groß ist der Unterschied bei der MB Group und der VW Group: Bei der MB Group liegt die Differenz bei etwa 16.000 €, bei der VW Group bei rund 14.000 € (siehe Abbildung 2). Stellantis weist eine Differenz von knapp 9.000 € auf, während BMW bei den Einstiegsmodellen beider Antriebsarten nahezu gleiche Preise hat. Hier wirkt sich insbesondere die Marke MINI aus, die mit dem Mini Cooper ein günstiges Elektro-Modell im Portfolio hat. Bei chinesischen Herstellern, die auf dem deutschen Markt aktiv sind, bleibt die Differenz zwischen einem Einstiegs-ICE und einem Einstiegs-BEV mit etwa 13.000 € weiterhin hoch.
Weiter hat das Center of Automotive Management den volumengewichteten Durchschnittspreis der jeweiligen Antriebsarten analysiert. Das oben beschriebene Preisbild bestätigt sich auch hier: Bei allen betrachteten OEMs liegen die Preise für Elektrofahrzeuge über denen der Verbrenner, auch wenn die Preisabweichungen variieren. Besonders groß ist die Preisspanne bei der VW Group, was teils auf hohe Verkaufszahlen günstiger Verbrennermodelle wie dem Skoda Fabia, VW Golf, Polo und Taigo zurückzuführen ist (zusammen 152.336 Einheiten). Dagegen wurden im selben Zeitraum nur 89.631 BEVs der VW Group verkauft. Bei Stellantis und chinesischen Herstellern nähern sich die Preise der Antriebsarten allmählich an – hier liegt die Differenz bei etwa 4.000€.
Elektrofahrzeugmodelle in China werden günstiger – in Deutschland steigen die Preise hingegen Die Anschaffungspreise spielen für den Markthochlauf der Elektromobilität eine entscheidende Rolle. Das veranschaulicht der Vergleich des rückläufigen deutschen Marktes und des stark wachsenden chinesischen Marktes in den Jahren 2023 und 2024 mit den 15 zulassungsstärksten Modellen. In China sind die Preise im Schnitt um rund 5 % gesunken – dies gilt sowohl für Einstiegs- als auch für Topmodelle. In Deutschland hingegen stiegen die Preise der zulassungsstärksten Modlelle im Durchschnitt um mehr als 10,6 %, wobei die Preiserhöhung bei Einstiegsmodellen 6,5 % und bei Topvarianten
14,5 % beträgt.
Demgegenüber sind die Reichweiten der BEV-Modelle deutlich gestiegen. Im Mittel kommen die 134 derzeit in Deutschland angebotenen Modelle auf eine WLTP-Reichweite von 438 km (Einstiegsvarianten) bis 490 km (Top-Varianten). Auch die Ladeleistung liegt mit Mittel zwischen 139 (Einstiegsvariante) und 173 kW (Top-Varianten).
Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Während sich die Reichweite und Ladeleistung von Elektromodellen relativ gut entwickeln, krankt der Markthochlauf der Elektromobilität in Deutschland wesentlich an wettbewerbsfähigen Anschaffungspreisen im Vergleich zu Verbrennern. Der weitere Preisanstieg von Elektromodellen ist Gift für die neue Marktphase der Elektromobilität, bei der nach den technikaffinen Early Adoptern nunmehr Kundensegmente mit kleinerem Geldbeutel adressiert werden müssen. In den nächsten Monaten ist mit einer deutlichen Reduzierung der Anschaffungspreise bzw. mit hohen Sonderkonditionen und Rabatten zu rechnen, da die Hersteller ihre Elektrofahrzeugabsätze in Europa deutlich erhöhen müssen, um die sich verschärfenden CO2-Flottenziele zu erreichen. Insgesamt wird für die Automobilhersteller die Reduzierung der Herstellkosten von Elektrofahrzeugen ein zentraler Erfolgsfaktor, zumal die globalen Marktführer Tesla und BYD und weitere chinesische Hersteller bereits auf einer deutlich besseren Kostenbasis agieren.“
Über den Electromobility Report:
Der CAM Electromobility Report analysiert regelmäßig die aktuellen Markt-, Absatz- und Innovationstrends der Elektromobilität in wichtigen Kernmärkten (z.B. China, USA, Europa und Deutschland). Gleichzeitig werden die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Markthochlauf der Elektromobilität empirisch beleuchtet. Die Untersuchung konzentriert sich auf reine Batteriefahrzeuge (BEV) und Plug-In-Hybride (PHEV).
For more information: https://auto-institut.de/e-mobility/
Über das CAM:
Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.
Center of Automotive Management (CAM)
Prof. Dr. Stefan Bratzel
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