Strategische Marktkonzentration der deutschen Automobilhersteller in China führt zu hoher Abhängigkeit und Verwundbarkeit
Im Zukunftsfeld der Elektromobilität liegen die deutschen Automobilhersteller in China noch weit zurück
Die Automobilindustrie steht in China vor multiplen Herausforderungen. Zum einen ist China mit Abstand der größte Automobilmarkt der Welt. Mit über 23,5 Mio. Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2022 entfällt damit fast ein Drittel des weltweiten Pkw-Absatzes auf China. Daraus ergeben sich große Absatz- und Gewinnchancen gerade für die deutschen Automobilhersteller, allerdings nimmt die Wettbewerbsintensität aktuell erheblich zu.
Denn zum zweiten spielen chinesische Unternehmen in zentralen Zukunftsfeldern wie der Elektromobilität und dem autonomen Fahren eine zunehmend wichtigere Rolle und treten im Heimatmarkt, aber immer mehr auch in anderen Weltregionen als relevante Wettbewerber auf. Im Bereich Elektromobilität zählt etwa BYD zu den innovationsstärksten Akteuren. Bei Vernetzung und autonomen Fahren spielen chinesische Unternehmen ebenfalls eine Hauptrolle.
Drittens wächst gleichzeitig die Abhängigkeit gerade auch der deutschen Automobilhersteller vom chinesischen Markt erheblich. Aufgrund der geopolitischen Ambitionen Chinas und der wachsenden Konflikte steigt für die deutsche Automobilindustrie das Verwundbarkeitsrisiko. Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen Studie des Center of Automotive Management (CAM) zur Marktpositionierung der globalen Automobilhersteller in China.
Im Jahr 2022 haben die deutschen Hersteller erhebliche Marktanteile verloren, während der Gesamtmarkt um 9,7 Prozent zulegte. Großer Gewinner ist BYD, deren Verkäufe um fast 150% zulegen und der nun nach dem Volkswagen Konzern zweitstärkster Autohersteller in China ist (vgl. Abb. 1). Im ersten Quartal 2023 steigerte BYD seine Verkäufe wiederum um 90% auf 552.076 Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, während die deutschen Hersteller – wie der Gesamtmarkt – im Minus liegen.
Die Abhängigkeit der deutschen Automobilhersteller von China bleibt sehr hoch. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass die Marktrelevanz, d.h. Anteil der Chinaverkäufe zum Gesamtabsatz im Jahr 2022, bei Volkswagen 40%, bei Mercedes-Benz 36,8% und bei BMW 33% beträgt. Auch Tesla verkauft mehr als ein Drittel seiner weltweiten Produktion in China. Die Abhängigkeit gegenüber China ist in der letzten Dekade stark gestiegen: Vor zehn Jahren lag die Marktrelevanz von Volkswagen noch bei 31% bzw. bei Mercedes bei 18% und BMW bei 14%. Die Hersteller generieren damit bislang einen Großteil ihre Umsätze und Gewinne in China. Umgekehrt folgt daraus ein hohes Verwundbarkeitsrisiko der Unternehmen infolge möglicher geopolitischer Spannungen bzw. technologie- und wettbewerbsorientierten Turbulenzen.
Der Markthochlauf der Elektromobilität in China stellt für die deutschen Autobauer eine doppelte Herausforderung. China ist weltweit der Kernmarkt der reinen Elektromobilität (BEV) mit einem Wachstum von 84% auf mehr als 5 Mio. Pkw. Auch im ersten Quartal 2023 steigen die Pkw-Neuzulassungen von BEV überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt auf 1,08 Mio. (+12,5%), was einem BEV-Anteil an den Gesamtzulassungen von 21% entspricht. Allerdings entwickeln sich die deutschen Hersteller im Vergleich zum Wettbewerb noch unterdurchschnittlich. Marktführer bei Elektrofahrzeugen im Jahr 2022 ist BYD mit einem Marktanteil von 18% (+184%) gefolgt von SAIC (inkl. Wuling) mit 11,9% (+9,1%) und Tesla mit 8,7% (+37,1%). Die VW Group kommt im Zukunftsfeld der Elektromobilität nur auf einen Marktanteil von 3,1% (+68%). Insgesamt können die deutschen Hersteller ihre historisch starke Stellung in China im Zukunftsfeld der reinen Elektromobilität bislang nicht halten (vgl. Abb. 3).
Hinzu kommt, dass der weltweite Marktführer Tesla im chinesischen Markt einen Preiskampf eingeleitet hat, der auch die deutschen Hersteller zu Preisreduktionen zwingt. Insgesamt wird damit eine Konsolidierung der Branche im Zukunftsfeld der Elektromobilität eingeleitet. Da nur wenige Automobilhersteller derzeit mit der Elektromobilität Geld verdienen, dürften die Gewinnmargen insgesamt deutlich sinken. Dadurch steigt auch bei den deutschen Automobilherstellern perspektivisch der Kostendruck im Bereich Elektromobilität erheblich. Dies dürfte jedoch den Volumenhersteller Volkwagen deutlich stärker treffen als die Premiumhersteller BMW und Mercedes.
Tesla bleibt der weltweit innovationsstärkste Automobilhersteller im Bereich der batterieelektrischen Mobilität (BEV). Der VW-Konzern behauptet sich auf Rang 2, während sich Hyundai auf Rang 3 verbessert. Chinesische Automobilhersteller erreichen Bestwerte in der E-Mobilität: BYD, Geely (inkl. Volvo) und SAIC zeigen sich enorm innovationsstark und kommen auf die Plätze 4, 5 und 7
Ford belegt weiter nur Rang 18 und ist ebenso Nachzügler der batterieelektrischen Mobilität wie Honda und Toyota, die sich aus innovationstechnischer Sicht teilweise aufstrebenden Start-Ups wie Rivian, Lucid, Nio oder Xiaopeng geschlagen geben müssen.
Globaler Absatz von batterieelektrischen Fahrzeugen steigt nach Prognosen des CAM von 4,6 Millionen im zurückliegenden Jahr auf 6,7 Millionen im Jahr 2022.
Der globale Hochlauf der Elektromobilität führt zu einer Neuordnung der Automobilindustrie. Dabei spielt die Innovationsstärke von Automobilherstellern eine zentrale Rolle. Im Rahmen des jährlich aktualisierten „Electromobility Report 2022“ des Center of Automotive Management (CAM) wurde die kumulierte Innovationsstärke von über 30 Automobilkonzernen im Zeitraum zwischen 2012 und 2021 im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) systematisch erfasst und bewertet. Auf Basis von insgesamt mehr als 700 einzeln bewerteten Serieninnovationen bleibt der US-amerikanische Elektroautopionier Tesla mit deutlichem Abstand Top-Innovator. Die Volkswagen Group führt auf Rang 2 das Feld der „Fast Follower“ an, während Hyundai sich in diesem Jahr im Kampf um Rang 3 knapp gegen den chinesischen Mischkonzern BYD durchsetzen konnte. Mit SAIC und Geely schaffen neben den deutschen Premiumherstellern BMW und Mercedes-Benz zwei weitere asiatische Hersteller den Einzug in die Top 10. Absatzstarke Hersteller wie Toyota, Honda und Ford bleiben vorerst Nachzügler der Elektromobilität (vgl. Abb. 1).
Die Innovationsstärke eines Automobilherstellers wird mittels eines Indexwertes berechnet. Dabei werden die serienreifen Innovationen im Bereich „Elektromobilität“ in den Feldern Reichweite, Verbrauch und Ladeleistung im Hinblick auf die Verbesserung des Kundennutzens systematisch erfasst und bewertet (vgl. Anhang). Nach dieser Methodik erhöht der kalifornische Elektroautobauer Tesla auch im Kalenderjahr 2021 seinen Vorsprung als Top-Innovator um mehr als 23 Indexpunkte (IP) und kommt nunmehr auf eine kumulierte BEV-Innovationsstärke von rund 176 IP. Verantwortlich für diesen Aufwärtstrend ist beispielsweise die Reichweitenerhöhung der Mittelklasse-Limousine Model 3 von 580 km auf 614 km (WLTP) im Rahmen eines Softwareupdates. Damit erreicht das Fahrzeug einen erneuten Segment-Bestwert und kann sich u.a. vom BMW i4 mit 590 km (WLTP) abheben. Der Volkswagen Konzern kann seinen Abstand zu Tesla nicht verkürzen, da im Kalenderjahr 2021 die Innovationsstärke nur leicht um 10,6 IP steigt. Unter anderen führt der Porsche Taycan eine Neuerung des Allradantriebs ein, die es ermöglicht den vorderen Elektromotor nahezu vollständig abzukoppeln, wodurch der Stromverbrauch reduziert wird.
Die Hyundai Motor Group kommt erstmals auf Rang 3 und kann sich mit einer Gesamt-Innovationsstärke von 76,9 IP gegen den chinesischen Großkonzern BYD durchsetzen. Als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die Elektro-Offensive der Premium-Tochtermarke Genesis anzuführen. Mit der Veröffentlichung der G80e-Limousine und des Mid-size SUV GV60 erzielen beide Modelle in puncto Ladeleistung mit bis zu 350 kW Gleichstrom neue Segment-Bestwerte, wodurch sich die Wartezeit an der Ladesäule für Kunden erheblich reduziert. BYDs Innovationszugewinn ist hauptsächlich auf die Einführung des Elektro-Kleinwagens „Dolphin“ zurückzuführen. Dieser ist nun auch mit der speziellen auf Lithium-Eisenphosphat basierenden Blade-Batterie ausgestattet, wodurch das Fahrzeug weniger brandanfällig ist und laut Herstellerangaben einen Zeitraum von 8 Jahren mit einer berechneten Reichweite von 1,2 Millionen Kilometern übersteht. Der chinesische Hersteller verpasst zwar knapp den dritten Rang, bestätigt aber mit einer Gesamt-Innovationsstärke von über 76 IP seine Rolle als Fast Follower.
Quelle: CAM. Anmerkungen: * Kumulierte Innovationsstärke hier betrachteter OEMs (Serie, 2012- 2021) **Addition von FCA und PSA (bereinigt); eingeschränkte Vergleichbarkeit der Daten ab 2016 mit den Vorjahren aufgrund einer leicht veränderten Methodik (insb. strengere Maßstäbe der Innovationsdefinition, Höherbewertung von Weltneuheiten).
Der chinesischen Automobilkonzern Geely kommt erstmals in die Top-5 dank einer starken Innovationssteigerung um fast 21 IP, die im Wesentlichen durch die Marken Zeekr und Polestar getragen wird. So überzeugt die auf der SEA-Plattform basierende Elektro-Premiumlimousine Zeekr 001 mit einer NEFZ-Reichweite von 712 km, wodurch der bisherige Segment-Bestwert des Arcfox Alpha S mit knapp 700 km (auch NEFZ) überboten wurde. Polestars Innovationen betreffen neben der Einführung der leichteren Single Motor Variante des Polestar 2 mit einem niedrigeren Gesamt-Stromverbrauch insbesondere Konzernneuheiten via Over-the-Air-Updates. So erhalten Kunden der Dual Motor Variante einerseits eine softwarebasierte Leistungssteigerung und darüber hinaus eine an Google Maps geknüpfte Batterie-Vorkonditionierung, um möglichst hohe Ladeleistungen abrufen zu können.
Während der 2021 entstandene 14-Marken-Konzern Stellantis auf Basis vorheriger Innovationen von Fiat-Chrysler und PSA bereinigt auf Platz 6 zu verorten ist, kommt mit SAIC auf Rang 7 ein weiterer chinesischer Automobilhersteller auf vordere Ränge. Ursächlich für diese Entwicklung sind u.a. zwei Produkteinführungen der Submarke „Maxus“. Diese veröffentlichte einen Minivan namens „MIFA 9“ mit einer Reichweite von bis zu 560 km (NEFZ) sowie einen Pick-Up-Truck mit der Bezeichnung T90, dessen elektrische Reichweite mit 535 km (NEFZ) den zweitbesten Segmentwert hinter dem Rivian R1T erreicht. Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz können dank des Ausbaus ihrer Elektro-Modellpalette durch den BMW i4 und iX bzw. den Mercedes-Benz EQA und EQS in die Top 10 aufschließen, die überwiegend neue Segment-Benchmarks in den Bereichen Reichweite, Ladeleistung und Verbrauch setzen.
Renault und General Motors rutschen dagegen ab: Während Renault trotz Einführung des verbrauchsarmen Dacia Spring Electric (mittlerweile nicht mehr bestellbar) um 6 Plätze auf Rang 11 zurückfällt, kommt der US-Konzern General Motors trotz einer unbefriedigenden Innovationsperformance im Kalenderjahr 2021 mit knapp 44 Innovationspunkten noch auf Rang 10 (Vorjahr: 6). Konzerninterne Verbesserungen von Reichweite und Stromverbrauch durch den Chevrolet Bolt EUV, Menlo EV und den Buick Velite 6 EV bewahren die Amerikaner vor einem schlimmeren Abstieg. Der Renault Allianzpartner Nissan, im Jahr 2015 noch auf Platz 3 der innovationsstärksten BEV-Hersteller, kommt nur noch auf Rang 17.
Als Nachzügler der reinen Elektromobilität bleiben etablierte Automobilherstellern wie Tata (JLR), Ford, Mazda sowie Toyota und Honda. Dagegen entwickeln automobile Newcomer wie Rivian, Lucid, Nio, GAC oder Xpeng mit ihren Neuerungen trotz weniger Serienfahrzeuge im Markt bereits eine hohe Innovationsstärke. So gelang es dem US-amerikanischen Start-Up Lucid Motors mit dem Lucid Air (Dream Edition) ein Fahrzeug auf die Straße zu bringen, das mit einer gelisteten EPA-Reichweite von umgerechnet 837 km und einer Batteriekapazität jenseits der 100 kWh selbst Flaggschiffe wie einen Mercedes-Benz EQS (770 km WLTP) übertrifft. Das von Amazon unterstützte Unternehmen Rivian schafft es sogar, mit R1T und dem R1S zwei neue Fahrzeuge parallel zu launchen, die ebenfalls Bestwerte in ihren Segmenten erreichen. Vor diesem Hintergrund fällt der Aufholbedarf von traditionellen Automobilgiganten wie Toyota oder Honda mit 5 respektive 3 IP umso stärker ins Gewicht.
Studienleiter Stefan Bratzel: „Der Elektromobilität wächst in allen großen Automobilregionen weit überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt. Auch im laufenden Jahr 2022 werden hohe Zuwächse erwartet. Es zeigt sich, dass die innovationsstarken Automobilhersteller im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge auch zu den Marktführern der E-Mobilität zählen. Das gilt nicht nur für Tesla, sondern etwa auch für chinesische Automobilhersteller. Mit dem Zeitalter der Elektromobilität verändert sich dabei zunehmend die angestammte Branchenstruktur und Rangordnung der Automobilhersteller. Auch hier gilt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“
Analog zur Innovationstätigkeit im Bereich der Elektromobilität rechnet das Center of Automotive Management für das Kalenderjahr 2022 abermals mit einer deutlichen Steigerung der globalen BEV-Absatzzahlen. Auf Basis des kontinuierlich steigenden Fahrzeugangebots sowie zunehmender Produktionskapazitäten von batterieelektrischen Fahrzeugen wird im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um rund 50 Prozent von 4,6 Millionen auf über 6,7 Millionen BEVs prognostiziert. Die in Abb. 2 ausgewählten Automobilhersteller dürften mit insgesamt über 5 Millionen verkauften BEVs den Löwenanteil zu diesem Ergebnis beisteuern.
Der größte BEV-Absatz wird voraussichtlich, wie in den Vorjahren, vom US-Elektroautobauer Tesla mit über 1,3 Millionen verkauften Fahrzeugen erwartet. Die Absatzprognose stützt sich auf den erneuten Auslieferungsrekord im 1. Quartal 2022 mit über 310.000 Einheiten und berücksichtigt insbesondere den geplanten Produktionshochlauf der Gigafactories in Texas, USA sowie Grünheide in Deutschland. Insgesamt ist zu erwarten, dass weitere relevante Player wie SAIC, Volkswagen oder BYD im Zuge ihrer Elektrifizierungsstrategie schrittweise zum globalen Marktführer Tesla aufschließen werden und dabei der Meilenstein von über 500.000 verkauften Elektrofahrzeugen innerhalb eines Jahres immer öfter überboten wird.
Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz liegen mit ihren aktuellen BEV-Absätzen zwar analog zur kumulierten Innovationsstärke mit rund 100.000 Fahrzeugen immer noch eher im Mittelfeld, allerdings wird im Rahmen der Ausdehnung des Modellangebots für das Kalenderjahr 2022 eine Verdopplung auf circa 200.000 Einheiten erwartet. Während die Automotive Start-Ups Xiaopeng und Nio zeitversetzt zum Branchenprimus Tesla ihre Produktion und Absätze kontinuierlich hochfahren, liegen etablierte Hersteller wie Ford oder Toyota aktuell noch weit zurück. Strategische Neuaufstellungen wie beim US-Autobauer dürften sich erst in den kommenden Jahren vollends auswirken.
Anhang: Bewertung der Innovationen im Bereich Elektromobilität
Quelle: CAM
Über das CAM:
Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.
Der kriegerische Angriff von Russland auf die Ukraine hat erhebliche direkte und indirekte Folgen für die Automobilindustrie. Während die Ukraine als Automobilmarkt keine relevante Rolle spielt, galt Russland lange Zeit als wichtiger Zukunftsmarkt der globalen Automobilindustrie, der im Jahr 2012 mit 2,8 Mio. abgesetzten Fahr-zeugen sich sogar dem Niveau des deutschen Marktes annäherte. Allerdings stagniert der russische Automobilmarkt seit dem Jahr 2015 zwischen 1,4 und 1,8 Mio. Fahrzeugen. Im Jahr 2021 wurden in Russland rund 1,67 Mio. Pkw (2020: 1,60 Mio.) und leichte Nutzfahrzeuge abgesetzt. Damit kommt Russland nach Südkorea und vor Frankreich und UK auf Rang 8 der weltweit größten Automobilmärkte. Absatzstärkste Herstellergruppen im Jahr 2021 sind Hyundai (inkl. Kia) mit rund 380.000 Fahrzeugen sowie Avtovaz (Lada) mit 351.000 und Renault-Nissan-Mitsubishi Allianz 212.000 Fahrzeugen, wobei Renault seit 2017 auch einen Mehrheitsanteil an Avtovaz besitzt. Unter den deutschen Herstellern hat die Volkswagen-Gruppe mit 204.000 Fahrzeugen einen Marktanteil von 12 Prozent, während BMW und Mercedes mit einem Marktanteil von rund 3% rund 49.000 bzw. 50.000 Fahrzeuge in Russland verkaufen (vgl. Abb. 1). Die zu erwartenden wirtschaftlichen Sanktionen treffen insofern neben dem Hyundai Konzern die Renault-Nissan-Mitsubishi Kooperation sowie auch die Volkswagen Gruppe am stärksten. Da die Marktrelevanz von Russland für Volkswagen jedoch nur bei 2 Prozent liegt (Russlandabsatz/Gesamtabsatz), sind die negativen direkten Absatzeffekte ähnlich wie bei BMW und Mercedes-Benz jedoch als moderat einzuschätzen. Renault-Nissan-Mitsubishi ist dagegen aufgrund der hohen Absatzanteile der Gruppe sowie des russischen Tochterunternehmen Avtovaz wirtschaftlich am stärksten betroffen.
Abbildung 1: Absatz und Marktanteile von globalen Automobilherstellern in Russland (2021)
Quelle: CAM
Russland besitzt eine Automobilproduktion mit insgesamt 34 Produktionsanlagen für Pkw, Lkw, Vans, Busse und Motoren, die jedoch überwiegend für den eigenen inländischen Markt produzieren. Im Jahr 2020 bzw. 2019 wurden 1,4 Mio. bzw. 1,65 Mio. Fahrzeuge hergestellt. Im Vor-Coronajahr 2019 wurden jedoch weniger als 50.000 Pkw exportiert. Der gesamte Exportwert der russischen Automobilindustrie lag im Jahr 2019 bei 3,3 Mrd. US-Dollar. Der Importwert lag dagegen bei 20 Mrd. US-Dollar. Grundsätzlich muss aufgrund des Russland-Ukrainekrieges und der anstehenden Sanktionen mit erheblichen Störungen der Lieferkette der Produktion in Russland gerechnet werden. Besonders betroffen dürfte die Renault-Gruppe mit seinen Autowerken im Land sein. Aber auch Volkswagen und andere Hersteller betreiben Fahrzeugwerke in Russland. Die meisten dieser Werke sind für die Fahrzeugproduktion zu hohen Anteilen von der Teilebelieferung aus dem Ausland angewiesen. Die absehbaren Sanktionen könnte in kurzer Frist zu einem Stopp der Teileversorgung aus Europa und auch aus anderen Ländern führen. Damit droht der Stillstand der Produktionsbänder in Russland. Russland und die Ukraine spielen umgekehrt zwar als Zuliefer-Standort der globalen Automobilindustrie nur eine untergeordnete Rolle. Aber auch hier könnten Störungen der Lieferkette eintreten. Aufgrund der komplexen Wertschöpfungsnetzwerke der Automobilindustrie könnten Zulieferer vorgelagerter Produktionsstufen negativ betroffen sein, was in der Folge zu Engpässen in der Teileversorgung der europäischen Werke führen kann.
Hierzu Institutsleiter Stefan Bratzel: „Russland wird lange Zeit als wichtiger Absatzmarkt und Produktionsstandort für die Automobilindustrie ausfallen. Zwar sind die konkreten Effekte des Krieges und der anstehenden Sanktionen noch nicht genau abzusehen. Allerdings dürfte das Anlagevermögen von Automobilherstellern und Zulieferern in Russland erheblich an Wert verlieren. Die Automobilindustrie wird für viele Jahre keine relevanten Investitionen in Russland tätigen. Allerdings ist auch mit erheblichen indirekten Folgen für die Automobilbranche in Deutschland und Europa zu rechnen. So werden in den nächsten Jahren nicht zuletzt aufgrund der Verteuerung der Energie- und Mineralölpreise die Kosten für die Automobilproduktion und für die Autonutzung steigen.“
Das Jahr 2021 wird mit einem Rekord in Deutschland von rund 350.000 Pkw-Neuzulassungen für reine Elektrofahrzeuge (BEV) enden; für das Jahr 2022 wird mit weiterem Wachstum der BEV- Neuzulassungen auf 450.000 Pkw gerechnet
Marktführer von reinen Elektrofahrzeugen ist die Marke VW; meist verkauftes Modell ist das Tesla Model 3; große Unterschiede zwischen Automobilherstellern bei der Elektroquote
Die Gesamtzulassungen sind im Deutschland im Jahr 2021 mit rund 2,65 Mio. Pkw so niedrig wie zuletzt im Jahr 1985.
In Deutschland werden im Gesamtjahr 2021 rund 350.000 Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeu- gen (BEV) realisiert werden (+80%). Dies entspricht fast einer Verdopplung des Marktanteils von 6,7 auf 13 Prozent. Nach 11 Monaten liegen die BEV-Neuzulassungen bei 307.000 Fahrzeugen (Marktanteil 12,8%). Im November 2021 wurde mit über 40.000 Neuzulassungen ein Spitzenwert beim Marktanteil von reinen E-Fahrzeugen von 20,3 Prozent erreicht, was einer Verdopplung zum Vorjahresmonat dar- stellt. Der BEV-Marktanteil hat sich nach der Erhöhung der Elektroprämien von 3,7 Prozent im Juni 2020 fast kontinuierlich erhöht (vgl. Abb. 1). Treiber ist neben der Förderung auch die zunehmende Verfügbarkeit von entsprechenden Modellangeboten der Automobilhersteller. Das zeigen die neues- ten Auswertungen des „Electromobility Report 2021“ des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, indem die Markt-, Absatz- und Innovationstrends der E-Mobilität regelmäßig bilanziert werden.Deutschland wird im Jahr 2021 nach China und den USA der drittgrößte Einzelmarkt für reine Elektro- fahrzeuge. In China wird für das Gesamtjahr mit rund 2,7 Mio. Elektro-PKWs gerechnet. Bis Ende No- vember wurden bereits 2,3 Mio. BEVs verkauft, was einem Marktanteil von 12 Prozent entspricht. Für die USA schätzt das CAM die BEV-Absätze im Gesamtjahr auf rund 440.000 Pkw.
Marktführer bei reinen Elektrofahrzeugen in Deutschland ist die Marke VW gefolgt von Tesla, Renault, Hyundai und Smart. Von Januar bis November 2021 setzte VW rund 64.000 Pkw ab, während Tesla auf 33.000, Renault auf 26.000 und Hyundai auf 24.000 Elektro-Pkw kommt.
Bei Volkswagen ist der VW Up mit 25.454 Fahrzeugen noch vor dem ID3 (25.201) und dem ID4(11.384) das meistverkaufte Modell.
Bei Tesla dominiert mit 29.166 Fahrzeugen das Model 3, das gleichzeitig das meistverkaufte Elekt-rofahrzeug darstellt. Das Model Y von Tesla liegt bereits bei einem Absatz von 3.834 Fahrzeugen.
Renault kommt mit dem Zoe auf 20.165 Fahrzeuge und dem Twingo auf 6.036 Pkw.
Bei Hyundai verkauft sich der Kona vor dem Ioniq5 am besten mit 16.069 bzw. 5.825 Pkw.
Abbildung 1: Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) in Deutschland 2020/2021 YTD
Die Bedeutung von reinen Elektrofahrzeugen für den Gesamtabsatz in Deutschland differiert zwischen Automobilherstellern erheblich. Neben den reinen Elektrofahrzeugherstellern wie Tesla, Smart oder Polestar liegt bei einigen Marken der Elektroanteil an den Neuzulassungen weit über dem Durchschnitt von 12,8 Prozent. Bei Renault und Hyundai machen BEVs bereits 28 bzw. 24,7 Prozent ihres Gesamt- absatzes in Deutschland aus, und auch bei Peugeot und Mini liegt die Elektroquote deutlich über 20 Prozent. Signifikant über dem BEV-Marktdurchschnitt liegen auch VW, Fiat, Kia sowie Nissan und Honda. Bei Porsche ist bereits fast jeder sechste Fahrzeugverkauf (17,4%) ein reines Elektroauto (Taycan) (vgl. Abbildung 2). Hersteller, die bereits ein attraktives BEV-Portfolio aufgebaut haben, können damit von einem starken Nachfragewachstum in Deutschland profitieren.
Demgegenüber ist bei vielen Herstellern der (reine) Elektroanteil an den Neuzulassungen noch gering. Dazu zählen insbesondere die deutschen Premiumhersteller BMW (6,8%), Audi (7,5%) und Mercedes (5,2%), bei denen die Verkäufe der Plug-in-Hybride (PHEVs) die BEVs um mehr als das Doppelte (BMW, Audi) bzw. Fünffache (Mercedes) überschreiten. Niedrige BEV-Anteile weisen auch Volumenmarken wie Seat (4,1%), Volvo (2,6%) oder etwa Ford (1,9%) auf, die wiederum ein Vielfaches an PHEVs abset- zen. Mazda und der Low-Cost Spezialist Dacia haben keine PHEV-Modelle im Angebot, die BEV-Ver- käufe von Einzelmodellen wie des MX-30 oder des Modells Spring summieren sich auf 8,7 bzw. 6,3 Prozent ihrer Neuzulassungen.
Beim japanischen Weltmarktführer Toyota spielt die reine Elektromobilität praktisch noch keine Rolle: Nur 45 Elektrofahrzeuge der Marke Toyota bzw. 41 Lexus wurden bislang im Jahr 2021 in Deutschland zugelassen, ihre BEV-Quote ist entsprechend vernachlässigbar. Selbst der PHEV-Anteil ist mit 3,6 Pro- zent sehr niedrig. Allerdings kündigte Toyota vor kurzem an, 30 BEV-Modelle bis zum Jahr 2030 anzu- bieten, was einem Strategiewechsel gleichkommt.
Abbildung 2: Absatz von Elektrofahrzeugen (BEV) und Anteil am Gesamtabsatz der Automobilhersteller (Marken)
Quelle: CAM Hierzu Stefan Bratzel: „Deutschland positioniert sich immer stärker als Elektrofahrzeugmarkt. Derzeit liegen die Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen nur leicht vor den Plug-in-Hybriden, die sich im Gesamtjahr auf rund 330.000 Neuzulassungen summieren werden. Zusammengenommen werden damit rund 680.000 Elektro-Pkw neu auf die Straße kommen, wodurch Deutschland nach dieser Zähl- weise im weltweiten Vergleich sogar der zweitgrößte Einzelmarkt der Elektromobilität ist.“
Quelle: CAM Hierzu Stefan Bratzel: „Deutschland positioniert sich immer stärker als Elektrofahrzeugmarkt. Derzeit liegen die Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen nur leicht vor den Plug-in-Hybriden, die sich im Gesamtjahr auf rund 330.000 Neuzulassungen summieren werden. Zusammengenommen werden damit rund 680.000 Elektro-Pkw neu auf die Straße kommen, wodurch Deutschland nach dieser Zähl- weise im weltweiten Vergleich sogar der zweitgrößte Einzelmarkt der Elektromobilität ist.“
Abbildung 2: Absatz von Elektrofahrzeugen (BEV) und Anteil am Gesamtabsatz der Automobilhersteller (Marken)
Quelle: CAM
Hierzu Stefan Bratzel: „Deutschland positioniert sich immer stärker als Elektrofahrzeugmarkt. Derzeit liegen die Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen nur leicht vor den Plug-in-Hybriden, die sich im Gesamtjahr auf rund 330.000 Neuzulassungen summieren werden. Zusammengenommen werden damit rund 680.000 Elektro-Pkw neu auf die Straße kommen, wodurch Deutschland nach dieser Zähl- weise im weltweiten Vergleich sogar der zweitgrößte Einzelmarkt der Elektromobilität ist.“
Die Verlängerung der Förderung wird auch im Jahr 2022 die Nachfrage beflügeln. Das CAM erwartet für 2022 Neuzulassungen von rund 450.000 BEV und 400.000 PHEV. Eine große Herausforderung bleibt die Ladeinfrastruktur, die die Akzeptanz von E-Fahrzeugen und den künftigen Markthochlauf bremsen könnte.
Insgesamt werden in Deutschland im Jahr 2021 aufgrund der Chip-Krise jedoch nur 2,65 Mio. Pkw neu zugelassen werden (-9,2%). Die Gesamtzulassungen sind damit so niedrig wie zuletzt im Jahr 1985. Für das Jahr 2022 wird mit einer Verbesserung der Teileversorgung und einer deutlichen Belebung des Gesamtmarktes auf 3,25 Mio. gerechnet.
For more information: https://auto-institut.de/e-mobility/
Kontakt
Center of Automotive Management (CAM) Prof. Dr. Stefan Bratzel Tel.: (02202) 28 57 70 E-Mail: stefan.bratzel@auto-institut.de www.auto-institut.de
Toyota behauptet sich nach drei Kalenderquartalen als absatzstärkster Automobilkonzern und kommt deutlich besser als Volkswagen durch die Chip-Krise; Hyundai setzt sich mit starken Quartalszahlen von General Motors ab und landet auf Rang 3.
Nach drei Kalenderquartalen erzielen die Toyota, Daimler, Volkswagen, Stellantis und BMW bereits zweistellige Milliardengewinne (EBIT).
Tesla überzeugt trotz Corona- und Chip-Krise mit einer Verdopplung der Auslieferungen und einem starkem Konzernergebnis, das kaum noch von den CO2-Zertifikatserlösen abhängig ist.
Für die globalen Automobilhersteller wird das Gesamtjahr 2021 – trotz erheblicher Absatzeinbußen gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 – mit Rekordgewinnen enden.
Der vorherrschende Mangel an Halbleitern beeinträchtigt weiterhin das Tagesgeschäft der Automobilindustrie. Während Tesla, Toyota und Hyundai ihre Auslieferungszahlen in den ersten drei Quartalen auf oder über das Vor-Pandemieniveau von 2019 steigern können, haben Konzerne wie Renault, Volkswagen, General Motors, Daimler und Ford stärker mit der Chip-Knappheit zu kämpfen. Insgesamt erholen sich die Konzerngewinne (EBIT) aber ausnahmslos deutlich vom Vorjahr und erreichen im Zuge des Produktionsverlagerung auf margenträchtigere Fahrzeuge auf noch nie da gewesene Rekordwerte. Das sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen AutomotivePERFORMANCE-Studie des Center of Automotive Management (CAM), in der regelmäßig die Markt- und Absatztrends der globalen Automobilhersteller analysiert werden.
Die globalen Automobilmärkte sind insbesondere seit dem dritten Quartal stark vom Halbleitermangel betroffen. In Europa zeigt sich nach drei Quartalen nur eine geringe Erholung zum Vorjahr.
Für das Gesamtjahr 2021 wird mit einem Rückgang der Absatzzahlen von rund 12 Prozent im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 gerechnet. CAM schätzt die Produktionsausfälle weltweit auf rund 10 Mio. Pkw.
Die Kombination aus Produktionsausfällen und hoher Nachfrage führt jedoch zu Rekordgewinnen bei vielen Automobilherstellern
Die globalen Automobilmärkte sind weiterhin massiv von der Halbleiter-Krise belastet. In den sieben wichtigsten Automobilmärkten liegen die Neuzulassungen nach neun Monaten nur bei 45,6 Mio. Pkw, was einem Rückgang von 12,7 Prozent im Vergleich zum Vor-Coronajahr 2019 (52,2 Mio.) entspricht. Allerdings stellt sich die Situation in den USA und in China deutlich besser dar, wo das Minus lediglich 7,9 bzw. 9,3 Prozent beträgt, während in Europa 24,4 Prozent weniger Fahrzeuge im Vergleich zu 2019 abgesetzt werden konnten. Für die drei automobilen Kernregionen China, USA und Europa wird damit gerechnet, dass der Automarkt im Gesamtjahr 2021 insgesamt nur um 3 Prozent über dem durch die Pandemie beeinflussten Vorjahr und um rund 12 Prozent unter dem Wert des Jahres 2019 liegen wird. Das sind die Ergebnisse der Studie AutomotivePERFORMANCE 2021 des Center of Automotive Management (CAM), in der regelmäßig die Markt- und Absatztrends der globalen Automobilindustrie analysiert werden.
Im Einzelnen kommt China in den ersten drei Kalenderquartalen des aktuellen Jahres auf Neuzulassungen von 16,6 Mio. Pkw, was im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von fast 25 Prozent entspricht. Allerdings hat die internationale Chip-Krise die positive Gesamtentwicklung insbesondere in den letzten Monaten negativ beeinflusst. Eine ähnliche Situation ergibt sich auf dem amerikanischen Markt: Zwar liegen die Neuzulassungen mit rund 11,8 Millionen Fahrzeugen[1] mehr als 13 Prozent über dem Vorjahreswert, allerdings wird auch hier der Wachstumstrend vom globalen Mangel an Halbleitern ausgebremst. Während US-Hersteller wie GM und Ford ihre Produktion drosseln oder gar stoppen müssen, führt die erstarkte Nachfrage nach Automobilen zu Rekordtiefs bei den Fahrzeugbeständen der Autohändler. Bedingt durch den Chipmangel liegen die Zulassungszahlen im dritten Quartal 2021 in den USA sogar 14 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.
Besonders betroffen zeigt sich der europäische Markt, wo sich das erhoffte Absatzwachstum durch eine sich verbessernde Pandemielage im Laufe des Jahres 2021 aufgrund der sich dramatisierenden Halbleiter-Krise abschwächte. Im direkten Vergleich ergibt sich bis einschließlich September nur noch ein Plus von rund 7 Prozent gegenüber 2020, obwohl im Halbjahresvergleich noch eine Steigerung der Neuzulassungen um 27 Prozent verzeichnet wurde.
In den übrigen betrachteten Automobilmärkten Japan, Brasilien, Russland und Indien setzt sich die bereits beschriebene Entwicklung überwiegend fort. Indiens Absatzzahlen erholten sich innerhalb der ersten drei Kalenderquartale mit einem Plus von 51 Prozent am stärksten vom coronabedingten Rückgang im Jahr 2020. Aber auch hier wird die positive Entwicklung seit Beginn des dritten Quartals von steigenden Rohstoffpreisen und dem weltweiten Chipmangel ausgebremst. Der letzte Zulassungsbericht der indischen Behörde SIAM legte für September einen Rückgang um 41 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat offen.
Für das Gesamtjahr 2021 wird nach Prognosen des Center of Automotive Management (CAM) in allen Kernregionen trotz des coronabedingten Nachfrageüberhangs das Marktniveau des Jahres 2019 stark verfehlt. In Europa werden aufgrund der Halbleiter-Knappheiten nur rund 12 Mio. Pkw-Neuzulassungen erwartet, während in den USA mit 15,2 und in China mit 20,3 Mio. Neuzulassungen gerechnet wird. Weltweit hätten ohne die Halbleiter-Krise rund 10 Mio. Fahrzeuge mehr verkauft werden können. Am stärksten betroffen ist hier Europa, wo der Nachfrageüberhang auf rund 3,5 Mio. Pkw geschätzt wird.
Hierzu Studienleiter Stefan Bratzel: „Die Halbleiter-Krise ist ein zweischneidiges Schwert, die zu unerwarteten Folgeeffekten führt: Einerseits sorgt die Kombination aus Produktionsausfällen und hoher Nachfrage zu Rekordgewinnen bei vielen Automobilherstellern, die die knappen Chips vorwiegend in höherpreisige Fahrzeuge einbauen und zudem keine Rabatte gewähren müssen. Auf der anderen Seite leiden vor allem die Automobilzulieferer, die nach der Menge ihrer produzierten Teile entlohnt werden und daher von Produktionsstopps bzw. geringen Produktionszahlen besonders betroffen sind. Die Automobilhersteller sollten darauf achten, dass wichtige Zulieferunternehmen nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten, da sich viele Unternehmen ohnehin in einer schwierigen Transformationsphase befinden. Sonst könnten im nächsten Jahr wiederum wichtige Glieder der Wertschöpfungskette wegfallen und weitere Produktionsausfälle drohen. Die Halbleiter-Krise wird die Branche noch mindestens bis zum Frühjahr 2022 belasten. Allerdings ist gleichzeitig in den nächsten Jahren von einem hohen Nachholbedarf bei der Pkw-Nachfrage in den Kernmärkten auszugehen.“
Zur Studie: Das Center of Automotive Management (CAM) analysiert seit dem Jahr 2004 die Performance der globalen Automobilmärkte und -hersteller. Auf Basis von Geschäftsberichten, von Markt- und Innovationskennzahlen werden die finanziellen und marktbasierten Leistungsstärken der Automobilhersteller und wichtiger Big Data Player analysiert und in den regelmäßig erscheinenden AutomotivePERFORMANCE Reports veröffentlicht.