Electromobility Report 2022: Elektromobilität in Deutschland – Segmentanalyse

Im größten europäischen Automobilmarkt Deutschland wurden in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 mehr als 272.000 rein elektrische Pkw bzw. leichte Nutzfahrzeuge neu zugelassen. Davon entfallen nach Angaben des KBA etwa 269.000 BEV-Neuzulassungen auf ein Produktangebot von 73 Modellen. Das Center of Automotive Management (CAM) an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach hat im Rahmen des aktuellen „Electromobility Report 2022“ die Verkaufszahlen, Einstiegspreise und technischen Eigenschaften der Fahrzeuge analysiert (siehe Datengrundlage). Zentrales Ergebnis der Untersuchung ist eine ökologisch bedenkliche Zweiteilung des deutschen Elektro-Marktes. Das umfangreiche Produktangebot von SUVs und Geländewagen (28 von 73 Modellen) führt zu einem Neuzulassungsanteil von 44 %, der überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt liegt (39,8 %). Dagegen kommen Kleinst-, Klein- und Kompaktwagen (21 von 73 Modellen) nur zusammen auf 42 %. Der durchschnittliche Fahrzeugpreis (ohne Sonderausstattung) für BEVs beträgt 49.311 € (brutto; gewichtetet an den Neuzulassungen). Premiummarken wie Audi, BMW oder Mercedes aber auch Volumenmarken wie Ford, Skoda oder Toyota liegen zum Teil deutlich darüber. Der Markterfolg elektrischer SUVs hat gesellschaftliche und klimapolitische Auswirkungen: Sie sind im Schnitt stärker motorisiert, haben einen höheren (Strom-)Verbrauch, kosten mehr Geld und benötigen größere Batteriekapazitäten. Leichte Nutzfahrzeuge machen trotz eines breiten Modellangebots (12 von 73 Modellen) weniger als 1 % der BEV-Neuzulassungen aus.

Batterieelektrische Mobilität boomt trotz eines rückläufigen Gesamtmarktes. Obwohl die Neuzulassungen zwischen Januar und September 2022 in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um auf 1,87 Mio. Fahrzeuge (-7,4 %) zurückgehen, legt der Absatz von BEVs um 15 % auf 272.000 Einheiten zu. Größter Profiteur dieser Entwicklung ist die US-amerikanische Premiummarke Tesla (vgl. Abbildung 1). Sie erzielt mit nur zwei Modellen (Model 3 [Mittelklasse], Model Y [mittlere SUVs]) mehr als 38.000 Neuzulassungen und zieht damit am angestammten Volumen-Marktführer VW vorbei. Ein möglicher Erfolgsfaktor sind die technischen Eigenschaften der Fahrzeuge: Die teuersten Ausstattungslinien beider Modelle bieten – gewichtet an den Neuzulassungen – eine Reichweite von 528 km (WLTP) bei einem kombinierten Stromverbrauch von nur 15,2 kWh/100km (WLTP). Deutsche Wettbewerber wie Audi, BMW und Mercedes haben hier trotz eines breiteren Produktangebots das Nachsehen und sind dennoch zum Teil erheblich teurer.

Die Marke VW führt nach Neuzulassungen das Volumenranking an. Die Marke profitiert insbesondere von einer breiten Modellpalette. Mit Fahrzeugen wie dem up!, dem ID.3 sowie ID.4 und ID.5 besetzt VW die größten Segmente und liegt bei den erhobenen KPIs überwiegend im oberen Mittelfeld. Hyundai behauptet sich mit seinen Modellen Ioniq (Untere Mittelklasse), Kona und Ioniq 5 (beide mittlere SUV) auf Platz zwei, wird jedoch von Fiat unter Druck gesetzt. Das Erfolgsmodell Fiat 500 (Minis) macht fast ausschließlich die BEV-Neuzulassungen der Marke aus und senkt den durchschnittlichen Verbrauch aller verkauften Fiat-Elektros auf beeindruckende 13,0 kWh/100km. Während Renault mit seinen Modellen Twingo (Minis), Zoe (Kleinwagen) und Megane (Untere Mittelklasse) immerhin in den Top 5 verbleibt, haben etablierte Volumenmarken wie Ford oder Toyota noch immer kein breites wettbewerbsfähiges Produktangebot.

Abbildung 1: Marktsegmentierung ausgewählter Premium- und Volumenmarken nach BEV-Angebot

Die maximal mögliche Reichweite ohne Ladestopp ist aus Kundensicht weiterhin ein kaufrelevantes Kriterium bei der Wahl eines BEV und ein erfolgskritischer Faktor für den Markthochlauf der Elektromobilität. Weil größere Batteriekapazitäten (und damit größere Reichweiten) üblicherweise in teureren Fahrzeugen vorzufinden sind, analysiert Abbildung 2 die maximal verfügbare Reichweite der jeweils teuersten Grundausstattungslinie (ohne Sonderausstattung) pro BEV-Modell und Fahrzeugklasse im Zeitraum von Januar bis September 2022. Über alle 73 betrachteten Modelle erreichen BEVs derzeit gewichtet nach den Neuzulassungen eine durchschnittliche Reichweite von 412 km (WLTP). Dabei zeichnet sich ein eindeutiger Trend ab: Segmentübergreifend steigt die Reichweite mit zunehmender Fahrzeuglänge von Minis und Kleinwagen, über die Kompakt- und Mittelklasse an und erreicht in der Oberklasse mit über 600 km (WLTP) einen vorläufigen Höchstwert. Innerhalb der einzelnen Fahrzeugklassen ergeben sich aber teils erhebliche Modell-Differenzen: Während die Modelle smart fortwo (Minis) und smart forfour (Kleinwagen) nur etwas über 100 km (WLTP) zurücklegen können, schaffen der Fiat 500 (Minis) und der DS3 (Kleinwagen) 300 bis 400 km (WLTP). Top- bzw. Low-Performer-Marken in puncto Reichweite variieren in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrzeugklasse, wobei die Modelle der Konzerne VW Group, Stellantis, Tesla und Mercedes-Benz Group überwiegend auf den vorderen Rängen zu wiederzufinden sind.

Quelle: Eigene Darstellung | *ohne Vans und Utilities, ** SUV inkl. Geländewagen

Neben der Reichweite bestimmt der Stromverbrauch maßgeblich die Effizienz eines Antriebsstrangs und indiziert, wie viele Kilometer ein Fahrzeug mit der nachgeladenen Energie zurücklegen kann. Analog des Kraftstoffverbrauchs bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird der Stromverbrauch bei Elektrofahrzeugen aus Kundensicht langfristig an Bedeutung gewinnen und sich zu einem maßgeblichen Kaufkriterium entwickeln. Einstiegsmodelle haben typischerweise eine schwächere Motorisierung und eine kleinere Batteriekapazität verbaut, was dem Verbrauch zugute kommt. Abbildung 3 untersucht vor diesem Hintergrund den Stromverbrauch der jeweils günstigsten Grundausstattungslinie (ohne Sonderausstattung) pro BEV-Modell und Fahrzeugklasse im Zeitraum von Januar bis September 2022.

Abbildung 3: Stromverbrauch der günstigsten Ausstattungslinie je BEV-Modell*

Quelle: Eigene Darstellung | *ohne Vans und Utilities, ** SUV inkl. Geländewagen

Über alle 73 Modelle liegt der durchschnittliche Stromverbrauch der Einstiegsmodelle bei rund 16,1 kWh/100km. Dabei ergibt sich ein teils erhebliches Gefälle zwischen kompakten Fahrzeugen und SUVs bzw. Utilities. Während Kleinst-, Klein- und Kompaktwagen mit einem gewichteten Stromverbrauch von 15,2 kWh/100km unterhalb des Durchschnitts liegen, benötigen SUVs und Geländewagen rund 16,7 kWh/100km. Leichte Nutzfahrzeuge verbrauchen sogar im Schnitt 21,9 kWh/100km. Ähnlich wie bei der Reichweiten-Analyse zeigt sich auch beim Stromverbrauch, dass dieser mit zunehmender Fahrzeuggröße ansteigt, wobei die SUV-Modelle Jaguar i-Pace, Mercedes-Benz EQC und Audi e-tron abseits einzelner Utilities besonders hohe Verbräuche aufweisen.

Die Kombination beider Analysen offenbart einen systemischen Zusammenhang: Die Reichweite eines Elektrofahrzeugs hängt maßgeblich von der Effizienz des Antriebsstrangs ab und kann nur bis zu einem gewissen Grad durch größere Batteriekapazitäten ausgeglichen werden. So leiden etwa beide smart-Modelle (fortwo bzw. forfour) an einem stark überdurchschnittlichen Gesamtverbrauch, während Reichweiten-Benchmarks wie der Fiat 500 und der DS3 hier besonders punkten. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass dedizierte Elektro-Plattformen Vorteile für die technischen Eigenschaften der Fahrzeuge bedeuten. Während Mercedes-Benz mit den Modellen EQE und EQS sowohl bei Reichweite als auch Verbrauch Benchmark ist, schneiden die noch auf einer Verbrenner-Plattform basierenden Modelle GLA (EQA), GLB (EQB), GLC (EQC) und V-Klasse (EQV) deutlich schlechter ab.


Studienleiter Stefan Bratzel: „Elektromobilität und öko-soziale Nachhaltigkeit müssen noch stärker zusammenwachsen, um eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Die Elektromodelle sind im Schnitt noch zu teuer, in niedrigeren Fahrzeugsegmenten noch zu selten und haben noch einen zu hohen Stromverbrauch. Kritisch ist dabei die Tendenz einer zunehmenden ‚SUV-isierung‘ der Elektromobilität: Die SUVs haben vielfach ein höheres Gewicht, eine schlechtere Aerodynamik, eine größere Batterie, einen höheren Verbrauch und sind teurer als Modelle in anderen Segmenten. Zur Verminderung des ökologischen Footprints muss der Anteil von kleineren, effizienten Elektroautos mit moderaten Batteriegrößen bei gleichzeitig hoher Ladeleistung steigen. Eine Schlüsselrolle kommt dabei einer flächendeckenden verlässlichen Schnellladefinfrastruktur zu.“


Datengrundlage der Untersuchung:

Grundlage der Analyse sind alle 73 BEV-Modelle, die in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) im Zeitraum von Januar bis September 2022 neu zugelassen wurden. Die gesamten BEV-Neuzulassungen betrugen im o.g. Zeitraum 272.473, wobei 268.824 Einheiten einzelnen Modelle zugewiesen werden konnten. Die übrigen 3.649 Fahrzeuge sind nicht Bestandteil der Untersuchung, da sie als „Sonstige“ angeführt werden und demnach nicht eindeutig zuordnenbar sind. Für alle 73 Modelle wurden jeweils verschiedene KPIs für die günstigste und teuerste verfügbare Ausstattungslinie erhoben. Dazu zählen u.a. Preis (in €, brutto), Reichweite (in km, WLTP), Stromverbrauch (in kWh/100km, WLTP), maximale Ladeleistung (in kW), Systemleistung (in kW) und maximale Höchstgeschwindigkeit (in km/h). Optionale Sonderausstattungen (z.B. Wärmepumpe, größere Felgen) wurden nicht berücksichtigt. Für eine segmentspezifische Auswertung erfolgte die Einteilung der Modelle in verschiedene Fahrzeugklassen:

Abk.FahrzeugklasseBeispielmodellBEV-Angebot (n=73)NZL-Anteil
MIMinis bzw. KleinstwagenFiat 500e6 Modelle16,5 %
KLKleinwagenRenault Zoe8 Modelle15,9 %
kSUVkleine SUVs (zwischen MI und KL)Opel Mokka-e3 Modelle3,6 %
UMUntere Mittelklasse bzw. KompaktklasseVW ID.37 Modelle9,7 %
MMittelklasseBMW i44 Modelle8,6 %
mSUVmittlere SUVs (zwischen UM und M)Tesla Model Y23 Modelle37,1 %
OMObere MittelklasseMercedes-Benz EQE1 Modell0,7 %
OBOberklasse bzw. LuxusklassePorsche Taycan4 Modelle2,4 %
gSUVgroße SUVs (zwischen OM und OB)Audi e-tron2 Modelle3,9 %
VAVans inkl. Mini- und GroßraumvansKia e-Soul3 Modelle0,7 %
UTUtilities bzw. leichte NutzfahrzeugeVW ID.Buzz12 Modelle0,9 %

Über den Electromobility Report:

Ausführliche Auswertungen zu den Marktsegmenten in Deutschland finden sich im neuesten „Electromobility Report 2022“: Die Studie analysiert regelmäßig die aktuellen Markt-, Absatz- und Innovationstrends der Elektromobilität in wichtigen Kernmärkten (z.B. China, USA, Europa und Deutschland). Gleichzeitig werden die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Markthochlauf der Elektromobilität empirisch beleuchtet. Die daraus abgeleiteten Annahmen werden schließlich in Markthochlauf-Szenarien für das Jahr 2030 überführt. Die Untersuchung konzentriert sich auf reine Batteriefahrzeuge (BEV) und Plug-In-Hybride (PHEV).

For more information: https://auto-institut.de/e-mobility/

Electromobility Report 2022: Die innovationsstärksten Automobilhersteller der E-Mobilität

  • Tesla bleibt der weltweit innovationsstärkste Automobilhersteller im Bereich der batterieelektrischen Mobilität (BEV). Der VW-Konzern behauptet sich auf Rang 2, kann aber den Abstand zu Tesla nicht verkürzen.
  • BYD verbessert sich auf Rang 3 und lässt Hyundai sowie Geely hinter sich. Mercedes Benz verzeichnet zusammen mit BYD die stärkste Zunahme und landet erstmals auf Platz 4.
  • Chinesische Konzerne machen sowohl bei Innovationsstärke als auch beim Absatz einen Sprung nach vorn.

Der globale Hochlauf der Elektromobilität führt zu einer Neuordnung der Automobilindustrie. Dabei spielt die Innovationsstärke von Automobilherstellern eine zentrale Rolle. Auf Basis von insgesamt 512 einzeln bewerteten Serieninnovationen bleibt der US-amerikanische Elektroautopionier Tesla mit deutlichem Abstand Top-Innovator. Die Volkswagen Group führt auf Rang 2 das Feld der „Fast Follower“ an, kann aber den Abstand zu Tesla nicht verkürzen. Der chinesische Elektroautobauer BYD legt deutlich zu und verdrängt Hyundai von Platz 3. Mercedes-Benz verbessert sich dank eines immer breiteren und innovativen Portfolios um vier Plätze und kommt erstmals auf Platz 4. Der Hyundai-Konzern kann seine starke Position nicht halten und fällt um zwei Plätze auf Rang 5 zurück. Mit SAIC und Geely schaffen abermals zwei weitere asiatische Hersteller den Einzug in die Top 10 der innovationsstärksten Elektroautobauer, während BMW von Rang 7 auf Rang 10 zurückfällt. Nachzügler der Elektromobilität bleiben die japanischen Hersteller Nissan, Toyota oder Honda, die nur auf den Plätzen 18, 21 und 24 rangieren (vgl. Abb. 1).

Das sind die zentralen Ergebnisse des jährlich aktualisierten „Electromobility Report 2022“ des Center of Automotive Management (CAM), der die kumulierte Innovationsstärke von über 30 Automobilkonzernen im Zeitraum zwischen 2012 und 2022 (YTD Juni) im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) systematisch erfasst und mittels eines Index bewertet. Im Mittelpunkt der Innovationsanalyse stehen dabei die serienreifen Neuerungen im Bereich „Elektromobilität“, die vor allem im Hinblick auf Reichweite, Verbrauch und Ladeleistung zu einer Verbesserung des Kundennutzens führen.

Hier geht es zum „Electromobility Report 2022“ https://auto-institut.de/e-mobility-2/

Transformation der Automobilindustrie und Mobilitätswirtschaft in der Region München


👉 In unserer neuen Studie haben wir die Auswirkungen der Transformation im Automotive- Sektor sowie im Radverkehr-, Eisenbahn- und ÖPNV-Sektor auf die Region München im Auftrag des Wirtschaftsressort der Stadt umfassend analysiert. Das war die zweite Studie in Folge: Im Jahr 2013 haben wir das schon einmal gemacht – und seitdem ist der Wandel für alle spürbar geworden.
👉Die Region München verfügt prinzipiell über gute Standortbedingungen für die Transformation mit starken Akteuren wie BMW Group, MAN Truck & Bus SE, SIXT, Siemens Mobility und Big Data Playern wie Intel Corporation, Microsoft, Cisco, Fujitsu sowie Universitäten wie die Technische Universität München.
👉Die Chancen und Risiken liegen jedoch für die Unternehmen und die Arbeitsplätze in der Region nah beieinander: Um weiter erfolgreich zu sein, sind völlig neue Kompetenzen erforderlich, aber auch neue Kooperationen und eine andere Unternehmenskultur. In einer Szenarioanalyse haben wir gezeigt, dass die Auswirkungen auf die Beschäftigung – je nach Transformationspfad – erheblich sind.

https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-automotive-sektor-zukunft-mobilitaet-transformation-1.5658837

https://ru.muenchen.de/2022/171/Stadtratshearing-zur-Transformation-der-Automobilwirtschaft-103007

Electromobility Report 2022: Markt- und Absatztrends der E-Mobilität in den größten Automobilmärkten im ersten Halbjahr 2022.

Juli 2022

  • Elektromärkte in Europa und China wachsen im 1. Halbjahr entgegen dem allgemein rückläufigen Marktrend. In Europa sind 11,6 Prozent der Neuzulassungen reine Elektrofahrzeuge (2021: 7,6 %).
  • China bleibt mit Abstand weltweit größter Automobilmarkt für E-Fahrzeuge. In der ersten Jahreshälfte 2022 wurden knapp 2 Millionen BEVs zugelassen (+106%). Für das 2. Halbjahr ist im Zuge einer Umsatzsteuersenkung mit weiterhin starker Zulassungsdynamik zu rechnen.
  • Tesla bleibt mit mehr als 500.000 verkauften BEVs absatzstärkster OEM (Jan-Jun). Chinesische Hersteller um SAIC (+36%), BYD (+248%), Geely (+279%) sowie die Newcomer Xpeng (+123%), Hozon (+200%) und Leapmotor (+300%) erreichen neue Absatzrekorde bei E-Fahrzeugen. Die deutschen OEMs haben überwiegend mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen.
  • Bis Ende 2022 könnten nach CAM-Einschätzung mehr als 6,5 Millionen BEVs zugelassen werden (2021: 4,6 Millionen). Die Top 10 OEMs dürften bei rund 5 Millionen E-Autos verkaufen.

Die Elektromobilität entwickelt sich entgegen den rückläufigen allgemeinen Markttrends in wichtigen Automobilmärkten dynamisch. Während in Europa (EU+EFTA+UK) im ersten Halbjahr die Verkäufe für Benzin und Diesel-Pkw um 22,1 bzw. 32,1 Prozent zurückgingen, stiegen die Neuzulassungen für reine Elektrofahrzeuge (BEV) im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 31,6 Prozent an. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr in Europa 647.479 Elektro-Pkw (BEV) abgesetzt, was 11,6 Prozent der Neuzulassungen entspricht. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2021 lag der BEV-Anteil dagegen nur bei 7,6 Prozent. Plug-in Hybridfahrzeuge zeigen dagegen in der ersten Jahreshälfte mit 472.722 (-12%) Neuzulassungen einen stark rückläufigen Trend in der wichtigen Marktregion Europa.

Der größte europäische BEV-Markt in der ersten Jahreshälfte 2022 bleibt mit deutlichem Abstand Deutschland mit 167.503 neuzugelassen Pkw (+12,5%), gefolgt von UK mit 115.249 (+56%), Frankreich mit 93.344 (28,7%), Norwegen mit 54.177 (12,7%) und Schweden 39.722 (75,7%) Elektro-Pkw. In Deutschland liegt die BEV-Quote nunmehr bei 13,5 Prozent, in der UK bei 14,4 Prozent und in Frankreich bei 12,1 Prozent. In Norwegen machen reine Elektrofahrzeuge dagegen bereits 79,1 Prozent der Neuzulassungen aus.

Eine ähnliche Entwicklung zeigt der weltweit größte Elektroautomarkt China auf. Dort wurden in der ersten Jahreshälfte 1,95 Mio. BEV-Pkw abgesetzt, was einem Zuwachs von 106 Prozent entspricht. Im gleichen Zeitraum wurden zusätzlich 534.000 Plug-in Hybride (PHEV) neu zugelassen (+168%). Die Gesamtneuzulassungen sind in der ersten Jahreshälfte um 6,6% auf 10,355 Mio. Pkw zurückgegangen. Insgesamt machen reine Elektrofahrzeuge in China bereits 18,8 Prozent der Pkw-Neuzulassungen aus. Im Juni 2022 setzte insbesondere aufgrund der Halbierung der Umsatzsteuer für Pkw von 10 auf 5 Prozent, die bis Dezember gilt, eine starke Zulassungsdynamik bei Elektrofahrzeugen ein.

Abbildung 1: Neuwagen-Absatz in Europa (EU+EFTA+UK) nach Antriebsarten im ersten Halbjahr 2022 (HJ 2021)

Quelle: CAM

Spiegelbildlich zur Elektromobilitätsdynamik auf den wichtigen Automobilmärkten entwickelt sich der globale Absatz der wichtigsten Automobilhersteller für Elektrofahrzeuge (BEV). Die hier betrachteten 12 wichtigen Elektroautobauer verdoppelten nahezu ihre BEV-Verkäufe im ersten Halbjahr 2021 auf über 2,1 Mio. Pkw (teilweise keine Daten/geschätzte Daten aufgrund fehlender Berichterstattung). Tesla bleibt mit deutlichem Abstand der Marktführer und setzt nach zwei Quartalen 565.000 Pkw ab (+46%). Im zweiten Quartal gingen die Absatzzahlen jedoch zurück, was vor allem auf den Lockdown des Werks in Shanghai und allgemeine Lieferkettenprobleme zurückzuführen ist.

Die chinesischen Hersteller SAIC und BYD folgen mit 355.000 bzw. 324.000 abgesetzten Elektrofahrzeugen. Besonders beeindruckend ist dabei BYD, die mit einem Zuwachs von fast 250 Prozent an Position 3 vorrücken, was vor allem auf die Erfolgsmodelle wie den Han EV, Dolphin oder Qin Plus EV zurückzuführen ist. Insgesamt rücken bei der Elektromobilität die chinesischen Hersteller weiter nach vorn. Eine nahezu Vervierfachung der BEV-Verkäufe weist der Geely Konzern mit 125.000 Pkw auf, der vor allem von den BEV-Marken Geometry und Zeekr in China sowie von Polestar und Volvo getrieben ist. Ein starkes Wachstum zeigen auch Xpeng sowie Hozon und Leapmotor, während Nio nur geringe Zuwächse im Vergleich zum Vorjahreszeitraum aufweist.

Bei den deutschen Herstellern kommt der Volkswagen Gruppe mit 217.000 BEV-Absätzen vor allem aufgrund der Lieferproblemen nur auf ein Plus von 27 Prozent, während BMW seine Absätze auf 76.000 mehr als verdoppeln kann. Mercedes-Benz Group landet bei 52.000 BEV-Verkäufen, was einem Zuwachs von rund einem Drittel entspricht.

Abbildung 1: BEV-Absatz ausgewählter Automobilhersteller (Konzern) im ersten Halbjahr 2022 (HJ 2021)

Quelle: CAM.    Anmerkungen: * SAIC Motor inkl. SAIC-GM-Wuling (SGMW) ** Stellantis BEV-Absatz 2021 geschätzt.

Für das Kalenderjahr 2022 Gesamtjahr geht das CAM in einer aktuellen Prognose trotz anhaltender Lieferkettenproblemen von einer deutlichen Steigerung der globalen BEV-Absatzzahlen aus. Auf Basis des kontinuierlich steigenden Fahrzeugangebots sowie zunehmender Produktionskapazitäten von batterieelektrischen Fahrzeugen wird im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um rund 50 Prozent von 4,6 Millionen auf über 6,5 Millionen BEVs prognostiziert. Die in Abb. 2 ausgewählten Automobilhersteller dürften zusammen mit Hyundai und Stellantis mit insgesamt rund 5 Millionen verkauften BEVs den Löwenanteil zu diesem Ergebnis beisteuern.


Studienleiter Stefan Bratzel: „Der Elektromobilität wächst in allen großen Automobilregionen entgegen dem rückläufigen Gesamtmarkt. Auch im laufenden Jahr 2022 werden hohe Zuwächse erwartet. Automobilhersteller, die bereits jetzt eine breite Produktpallette von reinen Elektrofahrzeugen anbieten können und robuste Lieferketten besitzen, können dadurch schnell Marktanteile gewinnen und künftig eine wichtige Position in der globalen Automobilindustrie einnehmen. Mit dem Zeitalter der Elektromobilität verändert sich dabei zunehmend die angestammte Branchenstruktur und Rangordnung der Automobilhersteller.“


For more information: https://auto-institut.de/e-mobility/

Die innovationsstärksten Automobilhersteller der E-Mobilität 2022.

Globales Innovationsranking und Absatzprognose

  • Tesla bleibt der weltweit innovationsstärkste Automobilhersteller im Bereich der batterieelektrischen Mobilität (BEV). Der VW-Konzern behauptet sich auf Rang 2, während sich Hyundai auf Rang 3 verbessert. Chinesische Automobilhersteller erreichen Bestwerte in der E-Mobilität: BYD, Geely (inkl. Volvo) und SAIC zeigen sich enorm innovationsstark und kommen auf die Plätze 4, 5 und 7
  • Ford belegt weiter nur Rang 18 und ist ebenso Nachzügler der batterieelektrischen Mobilität wie Honda und Toyota, die sich aus innovationstechnischer Sicht teilweise aufstrebenden Start-Ups wie Rivian, Lucid, Nio oder Xiaopeng geschlagen geben müssen.
  • Globaler Absatz von batterieelektrischen Fahrzeugen steigt nach Prognosen des CAM von 4,6 Millionen im zurückliegenden Jahr auf 6,7 Millionen im Jahr 2022.

Der globale Hochlauf der Elektromobilität führt zu einer Neuordnung der Automobilindustrie. Dabei spielt die Innovationsstärke von Automobilherstellern eine zentrale Rolle. Im Rahmen des jährlich aktualisierten „Electromobility Report 2022“ des Center of Automotive Management (CAM) wurde die kumulierte Innovationsstärke von über 30 Automobilkonzernen im Zeitraum zwischen 2012 und 2021 im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) systematisch erfasst und bewertet. Auf Basis von insgesamt mehr als 700 einzeln bewerteten Serieninnovationen bleibt der US-amerikanische Elektroautopionier Tesla mit deutlichem Abstand Top-Innovator. Die Volkswagen Group führt auf Rang 2 das Feld der „Fast Follower“ an, während Hyundai sich in diesem Jahr im Kampf um Rang 3 knapp gegen den chinesischen Mischkonzern BYD durchsetzen konnte. Mit SAIC und Geely schaffen neben den deutschen Premiumherstellern BMW und Mercedes-Benz zwei weitere asiatische Hersteller den Einzug in die Top 10. Absatzstarke Hersteller wie Toyota, Honda und Ford bleiben vorerst Nachzügler der Elektromobilität (vgl. Abb. 1).

Die Innovationsstärke eines Automobilherstellers wird mittels eines Indexwertes berechnet. Dabei werden die serienreifen Innovationen im Bereich „Elektromobilität“ in den Feldern Reichweite, Verbrauch und Ladeleistung im Hinblick auf die Verbesserung des Kundennutzens systematisch erfasst und bewertet (vgl. Anhang). Nach dieser Methodik erhöht der kalifornische Elektroautobauer Tesla auch im Kalenderjahr 2021 seinen Vorsprung als Top-Innovator um mehr als 23 Indexpunkte (IP) und kommt nunmehr auf eine kumulierte BEV-Innovationsstärke von rund 176 IP. Verantwortlich für diesen Aufwärtstrend ist beispielsweise die Reichweitenerhöhung der Mittelklasse-Limousine Model 3 von 580 km auf 614 km (WLTP) im Rahmen eines Softwareupdates. Damit erreicht das Fahrzeug einen erneuten Segment-Bestwert und kann sich u.a. vom BMW i4 mit 590 km (WLTP) abheben. Der Volkswagen Konzern kann seinen Abstand zu Tesla nicht verkürzen, da im Kalenderjahr 2021 die Innovationsstärke nur leicht um 10,6 IP steigt. Unter anderen führt der Porsche Taycan eine Neuerung des Allradantriebs ein, die es ermöglicht den vorderen Elektromotor nahezu vollständig abzukoppeln, wodurch der Stromverbrauch reduziert wird.

Die Hyundai Motor Group kommt erstmals auf Rang 3 und kann sich mit einer Gesamt-Innovationsstärke von 76,9 IP gegen den chinesischen Großkonzern BYD durchsetzen. Als wesentlicher Treiber dieser Entwicklung ist die Elektro-Offensive der Premium-Tochtermarke Genesis anzuführen. Mit der Veröffentlichung der G80e-Limousine und des Mid-size SUV GV60 erzielen beide Modelle in puncto Ladeleistung mit bis zu 350 kW Gleichstrom neue Segment-Bestwerte, wodurch sich die Wartezeit an der Ladesäule für Kunden erheblich reduziert. BYDs Innovationszugewinn ist hauptsächlich auf die Einführung des Elektro-Kleinwagens „Dolphin“ zurückzuführen. Dieser ist nun auch mit der speziellen auf Lithium-Eisenphosphat basierenden Blade-Batterie ausgestattet, wodurch das Fahrzeug weniger brandanfällig ist und laut Herstellerangaben einen Zeitraum von 8 Jahren mit einer berechneten Reichweite von 1,2 Millionen Kilometern übersteht. Der chinesische Hersteller verpasst zwar knapp den dritten Rang, bestätigt aber mit einer Gesamt-Innovationsstärke von über 76 IP seine Rolle als Fast Follower.

Abbildung 1: Kumulierte BEV-Innovationsstärke globaler Automobilhersteller – Top 25 (Serie, 2012-2021)

Quelle: CAM.    Anmerkungen: * Kumulierte Innovationsstärke hier betrachteter OEMs (Serie, 2012- 2021) **Addition von FCA und PSA (bereinigt); eingeschränkte Vergleichbarkeit der Daten ab 2016 mit den Vorjahren aufgrund einer leicht veränderten Methodik (insb. strengere Maßstäbe der Innovationsdefinition, Höherbewertung von Weltneuheiten).

Der chinesischen Automobilkonzern Geely kommt erstmals in die Top-5 dank einer starken Innovationssteigerung um fast 21 IP, die im Wesentlichen durch die Marken Zeekr und Polestar getragen wird. So überzeugt die auf der SEA-Plattform basierende Elektro-Premiumlimousine Zeekr 001 mit einer NEFZ-Reichweite von 712 km, wodurch der bisherige Segment-Bestwert des Arcfox Alpha S mit knapp 700 km (auch NEFZ) überboten wurde. Polestars Innovationen betreffen neben der Einführung der leichteren Single Motor Variante des Polestar 2 mit einem niedrigeren Gesamt-Stromverbrauch insbesondere Konzernneuheiten via Over-the-Air-Updates. So erhalten Kunden der Dual Motor Variante einerseits eine softwarebasierte Leistungssteigerung und darüber hinaus eine an Google Maps geknüpfte Batterie-Vorkonditionierung, um möglichst hohe Ladeleistungen abrufen zu können.

Während der 2021 entstandene 14-Marken-Konzern Stellantis auf Basis vorheriger Innovationen von Fiat-Chrysler und PSA bereinigt auf Platz 6 zu verorten ist, kommt mit SAIC auf Rang 7 ein weiterer chinesischer Automobilhersteller auf vordere Ränge. Ursächlich für diese Entwicklung sind u.a. zwei Produkteinführungen der Submarke „Maxus“. Diese veröffentlichte einen Minivan namens „MIFA 9“ mit einer Reichweite von bis zu 560 km (NEFZ) sowie einen Pick-Up-Truck mit der Bezeichnung T90, dessen elektrische Reichweite mit 535 km (NEFZ) den zweitbesten Segmentwert hinter dem Rivian R1T erreicht. Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz können dank des Ausbaus ihrer Elektro-Modellpalette durch den BMW i4 und iX bzw. den Mercedes-Benz EQA und EQS in die Top 10 aufschließen, die überwiegend neue Segment-Benchmarks in den Bereichen Reichweite, Ladeleistung und Verbrauch setzen.

Renault und General Motors rutschen dagegen ab: Während Renault trotz Einführung des verbrauchsarmen Dacia Spring Electric (mittlerweile nicht mehr bestellbar) um 6 Plätze auf Rang 11 zurückfällt, kommt der US-Konzern General Motors trotz einer unbefriedigenden Innovationsperformance im Kalenderjahr 2021 mit knapp 44 Innovationspunkten noch auf Rang 10 (Vorjahr: 6). Konzerninterne Verbesserungen von Reichweite und Stromverbrauch durch den Chevrolet Bolt EUV, Menlo EV und den Buick Velite 6 EV bewahren die Amerikaner vor einem schlimmeren Abstieg. Der Renault Allianzpartner Nissan, im Jahr 2015 noch auf Platz 3 der innovationsstärksten BEV-Hersteller, kommt nur noch auf Rang 17.

Als Nachzügler der reinen Elektromobilität bleiben etablierte Automobilherstellern wie Tata (JLR), Ford, Mazda sowie Toyota und Honda. Dagegen entwickeln automobile Newcomer wie Rivian, Lucid, Nio, GAC oder Xpeng mit ihren Neuerungen trotz weniger Serienfahrzeuge im Markt bereits eine hohe Innovationsstärke. So gelang es dem US-amerikanischen Start-Up Lucid Motors mit dem Lucid Air (Dream Edition) ein Fahrzeug auf die Straße zu bringen, das mit einer gelisteten EPA-Reichweite von umgerechnet 837 km und einer Batteriekapazität jenseits der 100 kWh selbst Flaggschiffe wie einen Mercedes-Benz EQS (770 km WLTP) übertrifft. Das von Amazon unterstützte Unternehmen Rivian schafft es sogar, mit R1T und dem R1S zwei neue Fahrzeuge parallel zu launchen, die ebenfalls Bestwerte in ihren Segmenten erreichen. Vor diesem Hintergrund fällt der Aufholbedarf von traditionellen Automobilgiganten wie Toyota oder Honda mit 5 respektive 3 IP umso stärker ins Gewicht.

Studienleiter Stefan Bratzel: „Der Elektromobilität wächst in allen großen Automobilregionen weit überdurchschnittlich zum Gesamtmarkt. Auch im laufenden Jahr 2022 werden hohe Zuwächse erwartet. Es zeigt sich, dass die innovationsstarken Automobilhersteller im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge auch zu den Marktführern der E-Mobilität zählen. Das gilt nicht nur für Tesla, sondern etwa auch für chinesische Automobilhersteller. Mit dem Zeitalter der Elektromobilität verändert sich dabei zunehmend die angestammte Branchenstruktur und Rangordnung der Automobilhersteller. Auch hier gilt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“

Analog zur Innovationstätigkeit im Bereich der Elektromobilität rechnet das Center of Automotive Management für das Kalenderjahr 2022 abermals mit einer deutlichen Steigerung der globalen BEV-Absatzzahlen. Auf Basis des kontinuierlich steigenden Fahrzeugangebots sowie zunehmender Produktionskapazitäten von batterieelektrischen Fahrzeugen wird im Vergleich zum Vorjahr eine Steigerung um rund 50 Prozent von 4,6 Millionen auf über 6,7 Millionen BEVs prognostiziert. Die in Abb. 2 ausgewählten Automobilhersteller dürften mit insgesamt über 5 Millionen verkauften BEVs den Löwenanteil zu diesem Ergebnis beisteuern.

Abbildung 2: BEV-Absatz ausgewählter Automobilhersteller 2021 (inkl. Prognose 2022)

Quelle: CAM.    Anmerkungen: * SAIC Motor inkl. SAIC-GM-Wuling (SGMW) ** Stellantis BEV-Absatz 2021 geschätzt.

Der größte BEV-Absatz wird voraussichtlich, wie in den Vorjahren, vom US-Elektroautobauer Tesla mit über 1,3 Millionen verkauften Fahrzeugen erwartet. Die Absatzprognose stützt sich auf den erneuten Auslieferungsrekord im 1. Quartal 2022 mit über 310.000 Einheiten und berücksichtigt insbesondere den geplanten Produktionshochlauf der Gigafactories in Texas, USA sowie Grünheide in Deutschland. Insgesamt ist zu erwarten, dass weitere relevante Player wie SAIC, Volkswagen oder BYD im Zuge ihrer Elektrifizierungsstrategie schrittweise zum globalen Marktführer Tesla aufschließen werden und dabei der Meilenstein von über 500.000 verkauften Elektrofahrzeugen innerhalb eines Jahres immer öfter überboten wird.

Die deutschen Premiumhersteller BMW und Mercedes-Benz liegen mit ihren aktuellen BEV-Absätzen zwar analog zur kumulierten Innovationsstärke mit rund 100.000 Fahrzeugen immer noch eher im Mittelfeld, allerdings wird im Rahmen der Ausdehnung des Modellangebots für das Kalenderjahr 2022 eine Verdopplung auf circa 200.000 Einheiten erwartet. Während die Automotive Start-Ups Xiaopeng und Nio zeitversetzt zum Branchenprimus Tesla ihre Produktion und Absätze kontinuierlich hochfahren, liegen etablierte Hersteller wie Ford oder Toyota aktuell noch weit zurück. Strategische Neuaufstellungen wie beim US-Autobauer dürften sich erst in den kommenden Jahren vollends auswirken.


Anhang: Bewertung der Innovationen im Bereich Elektromobilität

Quelle: CAM

Über das CAM:

Das Center of Automotive Management (CAM) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches Institut für empirische Automobil- und Mobilitätsforschung sowie für strategische Beratung an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) in Bergisch Gladbach. Seine Kunden unterstützt das Auto-Institut auf Basis umfangreicher Datenbanken, insbesondere zu fahrzeugtechnischen Innovationen der globalen Automobilindustrie sowie zur Markt- und Finanz-Performance von Automobilherstellern und Automobilzulieferunternehmen. Mittels eines fundierten Branchen-Know-hows und intimer Marktkenntnisse erarbeitet das Auto-Institut individuelle Marktforschungskonzepte und praxisorientierte Lösungen für seine Kunden aus der Automobil- und Mobilitätswirtschaft.


Center of Automotive Management (CAM)

Prof. Dr. Stefan Bratzel

An der Gohrsmühle 25

51465 Bergisch Gladbach

Tel.: +49 (0) 22 02 / 28577-0

Mobil: +49 (0) 174 / 9 73 17 78

Fax: +49 (0) 22 02 / 28577-28

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Web: www.auto-institut.de

Export gebrauchter Elektrofahrzeuge.

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Ein erheblicher Teil der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) findet sich nicht im Fahrzeugbestand in Deutschland wieder. Während zwischen Januar und September 236.695 reine Elektrofahrzeuge neu zugelassen wurden, erhöhte sich die Elektroflotte (BEV) in Deutschland nur um 207.435 Fahrzeuge (87,6%). Entsprechend fehlen rund 29.260 Elektro-Pkw bzw. rund 12,4 Prozent der neu zugelassenen Pkw im Bestand (Abb. 1).

Es besteht der Verdacht, dass bei einem Teil der Pkw-Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen zwar die Förderprämien bzw. der BAFA-Umweltbonus von 9.000 bzw. 7.500 Euro eingestrichen wird, jedoch die Fahrzeuge nach wenigen Monaten als junge Gebrauchtwagen ins Ausland weiterverkauft werden.  Das ist legal, da nach den BAFA-Regelungen nur eine Mindesthaltedauer von 6 Monaten eingehalten werden muss, um Umweltbonus zu erhalten.

Abbildung 1: Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) und Pkw-Bestandsveränderung in Deutschland (Jan-Sept. 2021)

Quelle: KBA, CAM

Stichproben bei einzelnen Automobilherstellern zeigen, dass die Diskrepanz zwischen Neuzulassungen und Fahrzeugbestandszuwachs bei manchen Modellen noch eklatanter ist. Tesla realisierte in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 rund 26.000 Neuzulassungen in Deutschland. Rund 4.800 Pkw bzw. 18,5 Prozent tauchen jedoch später im deutschen Fahrzeugbestand nicht mehr auf. Bei BMW beträgt die Differenz sogar 20,6 Prozent. Hyundai und VW liegen mit 11,9 bzw. 11,0 Prozent leicht unter dem Durchschnitt. Aber auch beim Marktführer VW gehen fast 6.000 Elektrofahrzeuge dem deutschen Fahrzeugbestand verloren (Abb. 2).

Der Wiederverkauf ins Ausland lohnt sich trotz des Wertverlusts aufgrund der Höhe der Förderungen und der geringen Mindesthaltedauer. So haben sich einige Händler darauf spezialisiert gebrauchte Elektrofahrzeuge nach 6 Monaten ins Ausland mit Gewinn weiterzuverkaufen. In Dänemark entfällt etwa für gebrauchte Elektrofahrzeuge bei einer Fahrleistung von mehr als 6.000 km die Luxussteuer bei der Zulassung. Das schafft eine hohe Nachfrage und hohe Preise für junge gebrauchte Elektrofahrzeuge.

Abbildung 2: Anteil des Pkw-Flottenverlustes bei Elektrofahrzeugen (BEV) in Deutschland bei ausgewählten Automobilherstellern (Jan-Sept. 2021)

Quelle: KBA, CAM

Entsprechend führt die hohe BAFA-Umweltprämie zu unerwünschten Nebenwirkungen, da diese häufig nicht im deutschen Fahrzeugbestand verbleiben. Im Gesamtjahr 2021 gingen für die Kaufprämie Förderanträge für Anschaffung 625.260 E-Fahrzeugen beim Bafa ein, wofür der Staat die Rekordsumme von 3,1 Milliarden Euro bereitstellte.

Durch die Steuertricks subventioniert der deutsche Staat damit die Elektromobilität im Ausland. Nach konservativen Schätzungen des CAM dürften allein im Jahr 2021 bis zu 240 Millionen Euro an staatliche Fördergelder für reine Elektrofahrzeuge nicht zweckgemäß verwendet werden. Inklusive des durch die Automobilhersteller eingebrachten Teils der Anschaffungsförderprämie werden Fahrzeuge, die als junge Gebrauchtwagen ins Ausland exportiert werden, mit rund 360 Millionen Euro subventioniert.

Hierzu Stefan Bratzel: „Die derzeitigen Förderkulissen der Elektromobilität führen entsprechend zu unerwünschten Nebeneffekten und erheblichen Marktverzerrungen. Der Gesetzgeber sollte zeitnah entsprechende Anpassungen der Umweltprämie vornehmen. Möglich wäre etwa die Erhöhung der Mindesthaltedauer der Elektrofahrzeuge von 6 Monaten auf 2 bis 3 Jahre. Darüber hinaus sollte längerfristig statt der Anschaffung eher die Nutzung von Elektrofahrzeugen begünstigt werden. Denkbar wären z.B.  kostenfreie Kontingente für das Laden der E-Fahrzeuge in den ersten 3 Jahren.“

Grundsätzlich besteht auch bei Förderung von Plug-in-Hybriden (PHEV) dringender Anpassungsbedarf. PHEVs werden überwiegend von gewerblichen Kunden als Dienstwagen angeschafft, u.a. aufgrund des um die Hälfte reduzierten geldwerten Vorteils. Häufig werden die PHEVs dann jedoch nicht regelmäßig an der Steckdose geladen, sondern überwiegend mit dem Verbrennungsmotor gefahren, wodurch ähnliche CO2-Emissionen entstehen wie bei Benzinfahrzeugen. Eine Förderung sollte sich künftig nicht am Normverbrauch, sondern an Realverbrauch orientieren.