Legale Tricks kosten Steuerzahler dreistellige Millionenbeträge
Ein erheblicher Teil der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) findet sich nicht im Fahrzeugbestand in Deutschland wieder. Während zwischen Januar und September 236.695 reine Elektrofahrzeuge neu zugelassen wurden, erhöhte sich die Elektroflotte (BEV) in Deutschland nur um 207.435 Fahrzeuge (87,6%). Entsprechend fehlen rund 29.260 Elektro-Pkw bzw. rund 12,4 Prozent der neu zugelassenen Pkw im Bestand (Abb. 1).
Es besteht der Verdacht, dass bei einem Teil der Pkw-Neuzulassungen von reinen Elektrofahrzeugen zwar die Förderprämien bzw. der BAFA-Umweltbonus von 9.000 bzw. 7.500 Euro eingestrichen wird, jedoch die Fahrzeuge nach wenigen Monaten als junge Gebrauchtwagen ins Ausland weiterverkauft werden. Das ist legal, da nach den BAFA-Regelungen nur eine Mindesthaltedauer von 6 Monaten eingehalten werden muss, um Umweltbonus zu erhalten.
Abbildung 1: Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen (BEV) und Pkw-Bestandsveränderung in Deutschland (Jan-Sept. 2021)
Quelle: KBA, CAM
Stichproben bei einzelnen Automobilherstellern zeigen, dass die Diskrepanz zwischen Neuzulassungen und Fahrzeugbestandszuwachs bei manchen Modellen noch eklatanter ist. Tesla realisierte in den ersten neun Monaten des Jahres 2021 rund 26.000 Neuzulassungen in Deutschland. Rund 4.800 Pkw bzw. 18,5 Prozent tauchen jedoch später im deutschen Fahrzeugbestand nicht mehr auf. Bei BMW beträgt die Differenz sogar 20,6 Prozent. Hyundai und VW liegen mit 11,9 bzw. 11,0 Prozent leicht unter dem Durchschnitt. Aber auch beim Marktführer VW gehen fast 6.000 Elektrofahrzeuge dem deutschen Fahrzeugbestand verloren (Abb. 2).
Der Wiederverkauf ins Ausland lohnt sich trotz des Wertverlusts aufgrund der Höhe der Förderungen und der geringen Mindesthaltedauer. So haben sich einige Händler darauf spezialisiert gebrauchte Elektrofahrzeuge nach 6 Monaten ins Ausland mit Gewinn weiterzuverkaufen. In Dänemark entfällt etwa für gebrauchte Elektrofahrzeuge bei einer Fahrleistung von mehr als 6.000 km die Luxussteuer bei der Zulassung. Das schafft eine hohe Nachfrage und hohe Preise für junge gebrauchte Elektrofahrzeuge.
Abbildung 2: Anteil des Pkw-Flottenverlustes bei Elektrofahrzeugen (BEV) in Deutschland bei ausgewählten Automobilherstellern (Jan-Sept. 2021)
Entsprechend führt die hohe BAFA-Umweltprämie zu unerwünschten Nebenwirkungen, da diese häufig nicht im deutschen Fahrzeugbestand verbleiben. Im Gesamtjahr 2021 gingen für die Kaufprämie Förderanträge für Anschaffung 625.260 E-Fahrzeugen beim Bafa ein, wofür der Staat die Rekordsumme von 3,1 Milliarden Euro bereitstellte.
Durch die Steuertricks subventioniert der deutsche Staat damit die Elektromobilität im Ausland. Nach konservativen Schätzungen des CAM dürften allein im Jahr 2021 bis zu 240 Millionen Euro an staatliche Fördergelder für reine Elektrofahrzeuge nicht zweckgemäß verwendet werden. Inklusive des durch die Automobilhersteller eingebrachten Teils der Anschaffungsförderprämie werden Fahrzeuge, die als junge Gebrauchtwagen ins Ausland exportiert werden, mit rund 360 Millionen Euro subventioniert.
Hierzu Stefan Bratzel: „Die derzeitigen Förderkulissen der Elektromobilität führen entsprechend zu unerwünschten Nebeneffekten und erheblichen Marktverzerrungen. Der Gesetzgeber sollte zeitnah entsprechende Anpassungen der Umweltprämie vornehmen. Möglich wäre etwa die Erhöhung der Mindesthaltedauer der Elektrofahrzeuge von 6 Monaten auf 2 bis 3 Jahre. Darüber hinaus sollte längerfristig statt der Anschaffung eher die Nutzung von Elektrofahrzeugen begünstigt werden. Denkbar wären z.B. kostenfreie Kontingente für das Laden der E-Fahrzeuge in den ersten 3 Jahren.“
Grundsätzlich besteht auch bei Förderung von Plug-in-Hybriden (PHEV) dringender Anpassungsbedarf. PHEVs werden überwiegend von gewerblichen Kunden als Dienstwagen angeschafft, u.a. aufgrund des um die Hälfte reduzierten geldwerten Vorteils. Häufig werden die PHEVs dann jedoch nicht regelmäßig an der Steckdose geladen, sondern überwiegend mit dem Verbrennungsmotor gefahren, wodurch ähnliche CO2-Emissionen entstehen wie bei Benzinfahrzeugen. Eine Förderung sollte sich künftig nicht am Normverbrauch, sondern an Realverbrauch orientieren.